Rz. 291

Eine etwaige unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung durch eine Leihfirma aus einem EU-Ausland-Staat (im Entscheidungsfall aus Frankreich) führt nicht zu einer Übernahmepflicht des Entleiherbetriebs in Deutschland. Dies begehrte eine Klägerin, eine französische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Frankreich und Anstellungsvertrag bei einer französischen Firma, die in Karlsruhe als Technikerin/Beraterin eingesetzt war. Die französische Firma war nicht im Besitz einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 AÜG a.F.

Die Beraterin klagte auf Feststellung, dass sie zu der deutschen Firma in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehe, und verlangte außerdem Differenz-, Überstunden- und Annahmeverzugsvergütung. Sie argumentierte, dass ihr Arbeitsvertrag – obwohl für das Arbeitsverhältnis französisches Recht gelte – in Deutschland infolge der unerlaubten Überlassung nach § 9 Nr. 1 AÜG a.F. unwirksam sei. Dem folgte das BAG nicht: Denn wird ein Leiharbeitnehmer aus dem Ausland unerlaubt i.S.v. § 1 AÜG a.F. ins Inland überlassen, führt die (etwaige) Verletzung der Erlaubnispflicht nicht zur Unwirksamkeit des Leiharbeitsvertrags nach § 9 Nr. 1 AÜG a.F., wenn das Leiharbeitsverhältnis dem Recht eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union unterliegt. Die Voraussetzungen eines Arbeitgeberwechsels nach § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG a.F. sind in diesem Fall nicht erfüllt. Es gilt kein Vorrang des § 9 Nr. 1 AÜG bei Anwendung des Rechts anderer EU-Mitgliedsstaaten.[442]

[442] Vgl. BAG v. 26.4.2022 – 9 AZR 228/21, Pressemitteilung BAG 14/22.

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