Rz. 178

Hinsichtlich der Absicherung der Gläubiger im Rahmen eines grenzüberschreitenden Formwechsels ist grundsätzlich zwischen dem Hinaus- und dem Hereinformwechsel zu unterscheiden.

 

Rz. 179

Zum Schutz der Gläubiger statuiert die Mobilitäts-RL für sämtliche erfassten Umwandlungsarten die Pflicht zur Information im Umwandlungsplan, die Möglichkeit der Gläubiger zur Beantragung angemessener Sicherheiten bei der zuständigen Verwaltungs- oder Justizbehörde sowie eine optionale Solvenzerklärung. Auch hierbei (zum Minderheitenschutz siehe Rdn 171) handelt es sich um einen Mindeststandard.[475]

 

Rz. 180

Bereits in den Formwechselplan sind Angaben zu etwaigen Sicherheiten zugunsten der Gläubiger aufzunehmen, Art. 86d lit. f Gesellschaftsrechts-RL. Die Mitgliedstaaten können darüber hinaus vorsehen, dass das Leitungs- oder Verwaltungsorgan der Gesellschaft eine Solvenzerklärung abgeben muss, die zusammen mit dem Formwechselplan offengelegt wird.[476] Zudem müssen die Gläubiger, welche die im Plan angebotenen Sicherheiten für nicht zufriedenstellend erachten, innerhalb von drei Monaten nach Offenlegung des Plans bei der zuständigen Verwaltungs- oder Justizbehörde angemessene Sicherheiten beantragen können, Art. 86j Abs. 1 UAbs. 2 Gesellschaftsrechts-RL.

 

Rz. 181

Inhaltlich obliegt es den Gläubigern glaubhaft darzulegen, dass die Befriedigung ihrer Forderungen durch den grenzüberschreitenden Formwechsel gefährdet ist und sie von der formwechselnden Gesellschaft keine angemessenen Sicherheiten erhalten haben.[477] Die Forderung muss vor der Offenlegung des Plans entstanden sein und darf zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig geworden sein, Art. 99 Abs. 1 Gesellschaftsrechts-RL. Die Sicherheiten sind nach Art. 86j Abs. 1 UAbs. 3 Gesellschaftsrechts-RL davon abhängig, dass der Formwechsel wirksam wird.

 

Rz. 182

Art. 86j Abs. 4 Gesellschaftsrechts-RL sieht einen besonderen internationalen Gerichtsstand für Klagen von Gläubigern vor, deren Forderungen vor Offenlegung des Formwechselplans entstanden sind. Sie können – unbeschadet der Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit, die sich aus Unionsrecht, nationalem Recht oder vertraglichen Vereinbarungen ergeben – innerhalb von zwei Jahren nach Wirksamwerden des Formwechsels auch im Wegzugsmitgliedstaat ein Verfahren gegen die Gesellschaft einleiten.[478]

[475] Stelmaszczyk, ZIP 2019, 2437, 2444; Stelmaszczyk, notar 2021, 147, 157; Bayer/J. Schmidt, BB 2019, 1922, 1933; J. Schmidt, ZEuP 2020, 566, 582; für Vollharmonisierung Schollmeyer, NZG 2020, 589, 591.
[476] Dazu Bayer/J. Schmidt, BB 2019, 1922, 1933; Stelmaszczyk, ZIP 2019, 2437, 2444.
[477] Nach Schollmeyer, ZGR 2020, 61, 74 f. sollen an die Gefährdung angesichts der Erläuterungen in den Erwägungsgründen 22 – 24 Mobilitäts-RL keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sein; dagegen J. Schmidt, ZEuP 2020, 566, 583 f.
[478] Siehe Stelmaszczyk, notar 2021, 147, 158; Bayer/J. Schmidt, BB 2019, 1922, 1933, mit Hinweis darauf, dass eine entsprechende Regelung auch für Herausverschmelzungen und Herausspaltungen sinnvoll gewesen wäre; siehe auch Luy, NJW 2019, 1905, 1907.

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