Rz. 39

Kinder verdienen bei ihren personenbezogenen Daten besonderen Schutz, da sie sich der betreffenden Risiken, Folgen und Garantien und ihrer Rechte bei der Verarbeitung personenbezogener Daten möglicherweise weniger bewusst sind. Einen solchen besonderen Schutz normiert Art. 8 DSGVO, soweit es um die Einwilligungserteilung im Zusammenhang mit der Nutzung von Diensten der Informationsgesellschaft geht. Die hier normierten besonderen Anforderungen treten neben die allgemeinen Anforderungen an die Einwilligungserteilung in Art. 4 Nr. 11 DSGVO und Art. 7 DSGVO.[66]

[66] Frenzel, in: Paal/Pauly, Datenschutz-Grundverordnung, 2017, Art. 8, Rn 1; Feiler/Forgó, EU-DSGVO, 2017, Art. 8 Rn 1; Buchner/Kühling, in: Kühling/Buchner (Hrsg.), DS-GVO, 2017, Art. 8 Rn 1; Plath, in: Plath (Hrsg.), BDSG/DSGVO, 2. Aufl. 2017, Art. 8 DSGVO, Rn 1; Schulz, in: Gola (Hrsg.), DS-GVO, 2017, Art. 8 Rn 3.

1. Dienste der Informationsgesellschaft

 

Rz. 40

Was unter "Diensten der Informationsgesellschaft" zu verstehen ist, definiert Art. 4 Nr. 25 DSGVO, der insoweit auf eine Dienstleistung im Sinne des Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9.9.2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft[67] verweist. Hiernach ist ein "Dienst"

Zitat

eine Dienstleistung der Informationsgesellschaft, d.h. jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung.

Im Sinne dieser Definition bezeichnet der Ausdruck

"im Fernabsatz erbrachte Dienstleistung" eine Dienstleistung, die ohne gleichzeitige physische Anwesenheit der Vertragsparteien erbracht wird;
"elektronisch erbrachte Dienstleistung" eine Dienstleistung, die mittels Geräten für die elektronische Verarbeitung (einschließlich digitaler Kompression) und Speicherung von Daten am Ausgangspunkt gesendet und am Endpunkt empfangen wird und die vollständig über Draht, über Funk, auf optischem oder anderem elektromagnetischem Wege gesendet, weitergeleitet und empfangen wird;
"auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung" eine Dienstleistung die durch die Übertragung von Daten auf individuelle Anforderung erbracht wird.“[68]
 

Rz. 41

Die Einschränkung des Schutzes von Kindern auf Einwilligungen, die im Zusammenhang mit Diensten der Informationsgesellschaft erbracht werden, führt dazu, dass ein wesentlicher Teil, der speziell an Kinder gerichteten Angebote hinsichtlich der Wirksamkeit der Einwilligung "nur" an Art. 7 DSGVO und den allgemeinen Einwilligungserfordernissen des Art. 4 Nr. 11 DSGVO zu messen ist.[69] So sind beispielsweise Fernsehdienste und Hörfunkdienste ebenso ausgenommen, wie der klassische Vor-Ort-Verkauf.[70]

[67] ABl L 241 v. 17.9.2015, S. 1.
[68] In Anhang I der Richtlinie (EU) 2015/1535 findet sich eine Beispielliste der nicht unter diese Definition fallenden Dienste ("Negativkatalog").
[69] Vgl. Buchner/Kühling, in: Kühling/Buchner (Hrsg.), DS-GVO, 2017, Art. 8 Rn 13 ff.
[70] Die außerhalb der Dienste der Informationsgesellschaft an die Einwilligung von Kindern gestellten Anforderungen werden unter Rdn 210 behandelt.

2. Einwilligung bei Diensten der Informationsgesellschaft

 

Rz. 42

Ein Kind ist eine Person unter 18 Jahren, sofern sie das gesetzliche Erwachsenenalter nicht bereits vor diesem Alter erreicht.[71] Soweit eine Einwilligung in die Verarbeitung im Zusammenhang mit einem Angebot von Diensten der Informationsgesellschaft, das einem Kind direkt gemacht wird, eingeholt werden soll, so ist die durch das Kind erteilte Einwilligung nur rechtmäßig, wenn das Kind das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat oder die Einwilligung durch den Träger der elterlichen Verantwortung für das Kind oder mit dessen Zustimmung erteilt wird (Art. 8 Abs. 1 DSGVO).

[71] Artikel 1 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes, 20.11.1989.

a) Mindestens 13, höchstens 16 Jahre

 

Rz. 43

In Bezug auf die in Art. 8 Abs. 1 DSGVO normierte Altersgrenze für die Einwilligungsfähigkeit von Minderjährigen verbleibt den Mitgliedstaaten gem. Art. 8 Abs. 1 S. 3 DSGVO insoweit nationalstaatlicher Handlungsspielraum, als dass die Altersgrenze bis auf das vollendete 13. Lebensjahr herabgesetzt werden kann. Eine Erhöhung des Höchstalters von 16 Jahren ist nicht möglich, so dass die Altersgrenze für die Einwilligung von Kindern im Zusammenhang mit der Erbringung von Diensten der Informationsgesellschaft zukünftig europaweit zwischen 13 und 16 Jahren liegen wird. Der Bundesgesetzgeber hat von der Möglichkeit der Herabsetzung der Atlersgrenze im Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU – DSAnpUG-EU)[72] keinen Gebrauch gemacht. Eine Herabsetzung hätte auch nicht der bisherigen Datenschutztradition innerhalb der Bundesrepublik entsprochen, die z.T. sogar darauf abzielt, Minderjährigen generell die Einwilligungsfähigkeit abzusprechen.[73]

Über die Befugnis zur Herabsetzung der...

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