Rz. 374

In § 31 Abs. 2 BDSG-Neu werden, unabhängig einer Vertragsanbahnungs-, Vertragsdurchführungs- oder Vertragsbeendigungssituation, besondere Anforderungen an die "Verwendung" von (durch Auskunfteien) ermittelten Wahrscheinlichkeitswerten über die Zahlungsfähig- und Zahlungswilligkeit einer natürlichen Person normiert. Sie soll ausschließlich (!) zulässig sein, soweit die Voraussetzungen nach Absatz 1 vorliegen und nur bei solchen Forderungen über eine geschuldete Leistung, die trotz Fälligkeit nicht erbracht worden ist, berücksichtigt werden,

1. die durch ein rechtskräftiges oder für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil festgestellt worden sind oder für die ein Schuldtitel nach § 794 der Zivilprozessordnung vorliegt,
2. die nach § 178 der Insolvenzordnung festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind,
3. die der Schuldner ausdrücklich anerkannt hat,
4.

bei denen

a) der Schuldner nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung mindestens zweimal schriftlich gemahnt worden ist,
b) die erste Mahnung mindestens vier Wochen zurückliegt,
c) der Schuldner zuvor, jedoch frühestens bei der ersten Mahnung, über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist und
d) der Schuldner die Forderung nicht bestritten hat oder
5. deren zugrunde liegendes Vertragsverhältnis aufgrund von Zahlungsrückständen fristlos gekündigt werden kann und bei denen der Schuldner zuvor über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist.
 

Rz. 375

Die Norm schafft damit eine Verarbeitungsbeschränkung "durch die Hintertür". Zwar wird Auskunfteien nicht direkt vorgegeben, wie sie ihre Wahrscheinlichkeitswerte in Bezug auf die Kriterien der Zahlungsfähig- und Zahlungswilligkeit bilden dürfen, gleichwohl wird die wirtschaftliche Verwertbarkeit derartiger Wahrscheinlichkeitswerte faktisch eingeschränkt und damit tatsächlich eine weitreichende (faktische) Verarbeitungsbeschränkung etabliert. Denn nur wenn der Wahrscheinlichkeitswert auf Daten (Informationen) beruht, die die Anforderungen nach § 31 Abs. 2 BDSG-Neu erfüllen, dürfen diese Daten von den Kunden der Auskunfteien verwendet (=eingesetzt) werden. Dies bedingt die mittelbare Verpflichtung der Auskunfteien dahingehend, im Rahmen der Einmeldung von Informationen und Forderungen auf den Nachweis der hier benannten Kriterien, die sich wortgleich bereits in § 28a Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BDSG finden, zu bestehen und – unabhängig der in der DSGVO vorgesehenen grundsätzlichen Zulässigkeit der Verarbeitung von Daten – auf die Verarbeitung anderer Informationen generell zu verzichten. Die Beschränkung wirkt sich damit (faktisch, nicht rechtlich) auch auf die Einmeldeberechtigung (= Verarbeitungsbefugnis) aller Gläubiger aus, die insoweit daran gehindert werden, Informationen, die nicht den Kriterien entsprechen, an Auskunfteien weiterzugeben und dies unabhängig davon, ob im Einzelfall abseits der in § 31 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 BDSG-Neu benannten Voraussetzungen ein überwiegendes berechtigtes Interesse des Verantwortlich für eine Einmeldung streitet. Dies kann – wie bereits ausgeführt (Rdn 366) – nach hiesiger Auffassung nicht als mit der DSGVO vereinbar angesehen werden. Die Einmeldung unter Berücksichtigung der in § 31 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 BDSG-Neu genannten Kriterien dürfte bei deren Vorleigen zwar durchaus von einem, die Interessen der betroffenen Person überwiegenden berechtigten Interesse des Verantwortlichen getragen sein. Die genannten Kriterien bilden indes sicherlich nicht die einzige Voraussetzung, unter denen eine solche Einmeldung zulässig wäre.

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