Rz. 68

Auch außerhalb der "direkten Angebote" von Diensten der Informationsgesellschaft gegenüber Kindern ergibt sich keine generelle Einwilligungsbefugnis Minderjähriger. Aus Art. 8 DSGVO ist insoweit nicht der Rückschluss zu ziehen, dass Kinder in allen sonstigen Konstellationen eigenständig Einwilligungen in die Datenverarbeitung erklären könnten.

 

Rz. 69

Unter Berücksichtigung des Kriteriums der "Informiertheit"[108] ist bei der Einwilligung durch Kinder generell auf deren Einsichtsfähigkeit, nicht auf die typisierte Geschäftsfähigkeit (§§ 104113 BGB) abzustellen.[109] Diese "setzt voraus, dass der Einwilligende die Reife hat, die Bedeutung und Tragweite seiner auf die Freizeichnung eines Datenumgangs gerichteten Erklärung zu verstehen."[110] Wann dies der Fall ist, soll nach bisher h.M. nicht typisierend, sondern im Einzelfall festzustellen sein, so dass starre Altersgrenzen grundsätzlich ausscheiden. Nach Bergmann/Möhrle/Herb[111] soll jedenfalls für die Einwilligung in die Verarbeitung sensitiver Daten eine Einwilligung in die Weitergabe dieser Daten erst ab Volljährigkeit möglich sein. Kramer[112] geht hier mit Blick auf §§ 175 Abs. 1 Satz 3, 173 Abs. 2 SGB V wohl ab dem vollendeten 15. Lebensjahr von hinreichender Einsichtsfähigkeit aus. Mit Blick auf die Herabsetzungsmöglichkeit der Altersgrenze in Art. 8 Abs. 1 S. 3 DSGVO auf das vollendete 13. Lebensjahr, kann durchaus ab diesem Alter die erforderliche Einsichtsfähigkeit gegeben sein. Es wird hierbei im Einzelfall auch auf den verfolgen Verarbeitungszweck und die betroffenen personenbezogenen Datenkategorien ankommen, so dass die Einsichtsfähigkeit eher verneint werden muss, je schutzwürdiger das die Einwilligung betreffende Datum ist. Dabei spricht viel dafür, mit Bergmann/Möhrle/Herb[113] jedenfalls in Bezug auf die Einwilligung in die Verarbeitung von besonderen Kategorien personenbezogener Daten generell Volljährigkeit zu verlangen. Will man nicht so weit gehen, erscheint hier eine Altersgrenze von 16 Jahren als Mindestvoraussetzung angemessen. In allen sonstigen Fällen dürfte das vollendete 13. Lebensjahr die Mindesthürde für die Einwilligung durch ein Kind darstellen.

[108] Oben Rdn 21 ff.
[109] Hierfür spricht sich auch die Art. 29-Datenschutzgruppe aus, so etwa in ihrer Stellungnahme 2/2009 zum Schutz der personenbezogenen Daten von Kindern (Allgemeine Leitlinien und Anwendungsfall Schulen) vom 11.2.2009, WP 160, S. 6, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/data-protection/article-29/documentation/opinion-recommendation/files/2009/wp160_de.pdf; siehe auch das Arbeitspapier 1/2008 zum Schutz der personenbezogenen Daten von Kindern (Allgemeine Leitlinien und Anwendungsfall Schulen) vom 18.2.2008, WP 147, S. 6, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/data-protection/article-29/documentation/opinion-recommendation/files/2008/wp147_de.pdf; sowie die Stellungnahme 15/2011 zur Definition von Einwilligung vom 13.7.2011, WP 187, S. 33 f., abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice/data-protection/article-29/documentation/opinion-recommendation/files/2011/wp187_de.pdf; Zur Rechtslage unter Geltung des BDSG (2009): Bergmann/Möhrle/Herb, BDSG, § 4a Rn 9; Gola/Schomerus, BDSG, § 4a Rn 25; Kühling, in: Wolff/Brink, BDSG, § 4a Rn 32; Plath, in: Plath, BDSG, § 4a Rn 8; Schaffland/Wiltfang, BDSG, § 4a Rn 21; Simitis, in: Simitis, BDSG, § 4a Rn 20; Taeger, in: Taeger/Gabel, BDSG, § 4a Rn 29; Däubler, in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, § 4a Rn 5.
[110] Kramer, in: Auernhammer, BDSG, § 4a Rn 16.
[111] Bergmann/Möhrle/Herb, BDSG, § 4a Rn 9.
[112] Ebenda.
[113] Bergmann/Möhrle/Herb, BDSG, § 4a Rn 9.

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