Rz. 42

Ein Kind ist eine Person unter 18 Jahren, sofern sie das gesetzliche Erwachsenenalter nicht bereits vor diesem Alter erreicht.[71] Soweit eine Einwilligung in die Verarbeitung im Zusammenhang mit einem Angebot von Diensten der Informationsgesellschaft, das einem Kind direkt gemacht wird, eingeholt werden soll, so ist die durch das Kind erteilte Einwilligung nur rechtmäßig, wenn das Kind das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat oder die Einwilligung durch den Träger der elterlichen Verantwortung für das Kind oder mit dessen Zustimmung erteilt wird (Art. 8 Abs. 1 DSGVO).

[71] Artikel 1 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes, 20.11.1989.

a) Mindestens 13, höchstens 16 Jahre

 

Rz. 43

In Bezug auf die in Art. 8 Abs. 1 DSGVO normierte Altersgrenze für die Einwilligungsfähigkeit von Minderjährigen verbleibt den Mitgliedstaaten gem. Art. 8 Abs. 1 S. 3 DSGVO insoweit nationalstaatlicher Handlungsspielraum, als dass die Altersgrenze bis auf das vollendete 13. Lebensjahr herabgesetzt werden kann. Eine Erhöhung des Höchstalters von 16 Jahren ist nicht möglich, so dass die Altersgrenze für die Einwilligung von Kindern im Zusammenhang mit der Erbringung von Diensten der Informationsgesellschaft zukünftig europaweit zwischen 13 und 16 Jahren liegen wird. Der Bundesgesetzgeber hat von der Möglichkeit der Herabsetzung der Atlersgrenze im Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU – DSAnpUG-EU)[72] keinen Gebrauch gemacht. Eine Herabsetzung hätte auch nicht der bisherigen Datenschutztradition innerhalb der Bundesrepublik entsprochen, die z.T. sogar darauf abzielt, Minderjährigen generell die Einwilligungsfähigkeit abzusprechen.[73]

Über die Befugnis zur Herabsetzung der Altersgrenze hinaus räumt die Verordnung den Mitgliedstaaten keinerlei Änderungs- und leider auch keinerlei Konkretisierungsbefugnisse ein.[74]

[72] BT-Drucks 18/11325 v. 24.2.2017, in der Fassung der vom Bundestag beschlossenen Beschlussempfehlung des Innenausschusses, BT-Drucks 18/12084 v. 25.4.2017, hierzu auch Plenarprotokoll BT-PlPr 18/231, S. 23306D. Die Verabschiedung durch den Bundesrat stand zum Zeitpunkt der Manuskripterstellung dieses Werkes noch aus.
[73] Hierzu und zu dem damit ggf. verbunden verfassungsrechtlichen Problemen, Buchner/Kühling, in: Kühling/Buchner (Hrsg.), DS-GVO, 2017, Art. 8 Rn 30.
[74] Hierzu: Minutes of the fourth meeting of the Commission expert group on the Regulation (EU) 2016/679 and Directive (EU) 2016/680 vom 2.12.2016, S. 3, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/transparency/regexpert/index.cfm?do=groupDetail.groupDetailDoc&id=30923&no=2 (nur in englischer Sprache).

b) Direktes Angebot an Kinder

 

Rz. 44

Dies ist insbesondere im Hinblick auf die weiteren Anforderungen in Art. 8 Abs. 1 und 2 DSGVO misslich, sind diese doch recht unbestimmt und geben bereits Anlass zu erheblichen Diskussionen und Auseinandersetzungen, bevor die Verordnung Geltung beansprucht.[75]

 

Rz. 45

So stellt sich die Frage, wann sich das Angebot eines Dienstes der Informationsgesellschaft "direkt" an ein Kind richtet. Der Verordnungstext schweigt dazu, ebenso wie die Erwägungsgründe. Hier[76] heißt es lediglich, dass der besondere Schutz insbesondere bei Einwilligungen von Kindern für Werbezwecke oder für die Erstellung von Persönlichkeits- oder Nutzerprofilen bei der Nutzung von Diensten, die Kindern direkt angeboten werden, gelten solle. Weiterhin soll eine Einwilligung des Trägers der elterlichen Verantwortung im Zusammenhang mit Präventions- oder Beratungsdiensten, die unmittelbar einem Kind angeboten werden, nicht erforderlich sein. Hieraus lässt sich nur schwer ableiten, wann ein "direktes" Angebot an Kinder vorliegt und wann nicht. Zugegebenermaßen hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, die Bestimmungen in Art. 8 DSGVO auf solche Dienste der Informationsgesellschaft zu beschränkten, die sich ausschließlich an Kinder richten. Es könnte daher durchaus vertreten werden, dass sämtliche Angebote, die sich zumindest auch an Kinder richten (können), als "direkte" Angebote i.S.d. Art. 8 Abs. 1 DSGVO aufzufassen sind.[77]

 

Rz. 46

Ein solches Verständnis kann indes zu einer ausufernden Anwendung des Art. 8 DSGVO führen und praktisch jeden "Dienstanbieter" i.S.d. Artikels 1 Nummer 1 Buchstabe b der Richtlinie (EU) 2015/1535 in die Verantwortung ziehen. Fraglich bliebe, worauf zur Abgrenzung genau abzustellen ist[78] und wann nicht mehr von einem Angebot gesprochen werden kann, welches sich zumindest auch an Kinder richten kann. So meint man auf den ersten Blick, das Webangebot eines juristischen Fachverlages richte sich an Rechtsanwälte und damit ausschließlich an Erwachsene. Wer jedoch würde ernsthaft behaupten wollen, dass nicht vielleicht auch Jugendliche Interesse an rechtlichen Themen entwickeln und genau aus diesem Grunde das Webangebot des Verlages besuchen könnten. Dies gilt ebenso für zahlreiche andere Angebote im Fernabsatz. Ist also die subjektive Sichtweise des B...

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