Rz. 225

Träger des Einzelunternehmens ist eine natürliche Person. Deren Vermögen gliedert sich – zivilrechtlich betrachtet – nicht in Privat- bzw. Unternehmensvermögen. Vielmehr bildet das Vermögen insgesamt eine Einheit. Hieraus ergibt sich für eine beabsichtigte Unternehmensübertragung die Vorbedingung, dass das zum Unternehmen gehörende bzw. zur Übertragung anstehende Vermögen eindeutig identifiziert (und möglichst auch katalogisiert) wird, um den Umfang des Unternehmens klar definieren zu können. Zumeist erweist sich hierbei der Rückgriff auf entsprechende Steuerunterlagen, z.B. ein Verzeichnis des Anlagevermögens sowie die Bilanz, als hilfreich. Im Einzelfall sollte jedoch auf eine Überprüfung deren Richtigkeit und Vollständigkeit nicht verzichtet werden. Eine zivilrechtliche Definition des Begriffs "Unternehmen" gibt es nicht; vielmehr wird die Existenz von Unternehmen vorausgesetzt.[184]

 

Rz. 226

Die Abgrenzung des Unternehmensvermögens vom sonstigen Vermögen sollte dabei zunächst nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen vorgenommen werden: All diejenigen Vermögensgegenstände, die tatsächlich für die unternehmerische Tätigkeit genutzt werden und deren Vorhandensein für das Unternehmen bzw. seinen Fortbestand von wesentlicher Bedeutung ist, gehören de facto zum Unternehmen. Es ist daher unbedingt sicherzustellen, dass sie dem Unternehmen auch nach Abschluss der Unternehmensnachfolge weiterhin zur Nutzung zur Verfügung stehen. Voraussetzung hierfür ist nicht unbedingt eine Eigentumsübertragung, mitunter kann es auch ausreichen, langfristige Vereinbarungen über die – entgeltliche oder unentgeltliche – Nutzung durch das Unternehmen vorzusehen. Soweit es sich aber um steuerliches Sonderbetriebsvermögen handelt, muss in der Regel – zur Vermeidung steuerlicher Nachteile – eine Übertragung auch dieser Gegenstände an den Unternehmensnachfolger angestrebt werden.

 

Rz. 227

Die genaue Definition des Unternehmens, also des Übertragungsgegenstandes, ist nicht nur deshalb so wichtig, weil sie die Voraussetzung für eine wirksame dingliche Übertragung des Eigentums an den einzelnen Vermögensgegenständen (beim Einzelunternehmen) bildet. Daneben kommt ihr auch entscheidende Bedeutung für die Ermittlung des Unternehmenswerts zu. Denn soweit für das Unternehmen wesentliche Vermögensgegenstände nicht mitübertragen, sondern zukünftig entgeltlich zur Nutzung überlassen werden sollen, hat dies natürlich Auswirkungen auf die zukünftig zu erwartenden Erträge des Unternehmens (diese sind um Miet- bzw. Pachtzahlungen zu mindern). Im Übrigen ist stets zu prüfen, wie sich die Abgrenzung des Unternehmens bzw. die Definition des Übertragungsgegenstandes in steuerlicher Hinsicht auswirkt.

 

Rz. 228

Ist das Unternehmensvermögen definiert, stellt sich die Frage, ob und inwieweit die einzelnen Vermögensgegenstände übertragbar sind. Denn auch wenn sich das Einzelunternehmen als mehr oder weniger geschlossener Organismus des Wirtschaftslebens darstellen mag,[185] ändert dies nichts daran, dass rechtlich betrachtet ein Konglomerat einzelner Vermögensgegenstände vorliegt. Übertragbarkeit und die Art und Weise einer möglichen Übertragung sind daher für jeden einzelnen Vermögensgegenstand gesondert zu prüfen. Besonderes Augenmerk ist dabei aus juristischer Sicht auf Urheberrechte u.Ä., Gesellschaftsbeteiligungen und Grundstücke bzw. grundstücksgleiche Rechte zu richten.

 

Rz. 229

Oftmals sind dem Einzelunternehmen – jedenfalls wirtschaftlich – auch Verbindlichkeiten zuzuordnen. Insoweit ist zu beachten, dass Passiva grundsätzlich nicht übertragbar sind. In Betracht kommt daher bestenfalls eine Schuldübernahme durch den Erwerber, die allerdings nur nach Genehmigung durch den jeweiligen Gläubiger (§ 415 Abs. 1 BGB) zu einer Entlassung des bisherigen Schuldners aus seinen Verpflichtungen führt. Wird die Genehmigung nicht erteilt, gilt die Schuldübernahme gegenüber dem Gläubiger als nicht erfolgt (§ 415 Abs. 2 BGB).

Weiterhin sind an dieser Stelle auch laufende Vertragsverhältnisse zu nennen, die – ebenso wie die eben angesprochenen Schulden – nicht ohne Zustimmung der anderen Vertragspartei auf den Unternehmensnachfolger übergeleitet werden können.

 

Rz. 230

Vor diesem Hintergrund ist festzuhalten, dass das Einzelunternehmen als solches aus juristischer Sicht oftmals überhaupt nicht übertragbar ist. Gegenstand einer Übertragung können aber die einzelnen zum Unternehmen gehörenden und dieses prägenden Vermögensgegenstände sein. Auf welche Weise eine mögliche Übertragung vonstatten zu gehen hat, bestimmt sich nach den jeweils einschlägigen sachenrechtlichen Vorschriften. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass ein etwa bestehendes Beurkundungserfordernis für einzelne Teile des Unternehmensvermögens (insbesondere Grundstücke, aber auch GmbH-Geschäftsanteile) nach § 139 BGB in der Regel zu einer Beurkundungsbedürftigkeit hinsichtlich sämtlichen zum Unternehmen gehörenden Vermögens führt.

[184] Dauner-Lieb, Unternehmen in Sondervermögen, 1998, S. 152 ff.; MüKo/Leipo...

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