1. Einführung

 

Rz. 1

Die steuerlichen Rahmenbedingungen Österreichs sind mit denen Deutschlands grundsätzlich vergleichbar.

 

Rz. 2

Der österreichischen Einkommensteuer unterliegen natürliche Personen; nach dem Transparenzprinzip auch Gesellschafter von Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit.[1] Wie im deutschen Einkommensteuerrecht sind nach § 1 Abs. 2 ÖstEStG natürliche Personen unbeschränkt steuerpflichtig, die im Inland Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Es herrscht ebenfalls das Welteinkommensprinzip, d.h. unabhängig vom Ort, an dem die Einkünfte generiert werden, fallen sie unter die österreichische Einkommensteuer, wenn die betreffende natürliche Person Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat. Dabei werden Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt in § 26 Abs. 1, 2 BAO nahezu identisch zu § 8, 9 AO definiert. Verbringt der Steuerpflichtige mehr als sechs Monate in Österreich, unterliegt er ebenfalls – und zwar auch für die ersten sechs Monate – der unbeschränkten Steuerpflicht. Die unbeschränkte Steuerpflicht beginnt bei Zuzüglern mit der Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts in Österreich.[2] Die beschränkte Steuerpflicht setzt ein, wenn der Steuerpflichtige zwar weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat, aber inländische Einkünfte i.S.v. § 98 ÖstEStG[3] bezieht. Hierunter fallen beispielsweise Einkünfte aus Kapitalvermögen aus österreichischen Kapitalgesellschaften und stillen Beteiligungen sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus einem in Österreich gelegenen Vermögen. Wie in Deutschland auch wird die Einkommensteuer durch den Bund erhoben und der Ertrag zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufgeteilt.

 

Rz. 3

Grundsätzlich löst jeder Wohnsitz in Österreich die unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich aus. Erwirbt ein Steuerpflichtiger ein "Feriendomizil" in Österreich, besteht die Möglichkeit, für einkommensteuerliche Zwecke einen sog. Zweitwohnsitz in Österreich zu begründen. Die Voraussetzungen dafür sind in der sog. Zweitwohnsitzverordnung geregelt.[4] Nach dieser ist vorgesehen, dass bei Steuerpflichtigen, deren Mittelpunkt der Lebensinteressen sich länger als fünf Kalenderjahre im Ausland befindet, eine inländische Wohnung nur in jenen Jahren einen Wohnsitz im Sinne des österr. Einkommensteuergesetzes begründet, in denen diese Wohnung allein oder gemeinsam mit anderen inländischen Wohnungen an mehr als 70 Tagen benutzt wird. Dazu muss nach § 3 Zweitwohnsitzverordnung verpflichtend ein Verzeichnis geführt werden, aus dem die Tage der inländischen Wohnungsbenutzung ersichtlich sind. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Benutzung eines inländischen Wohnsitzes des unbeschränkt steuerpflichtigen (Ehe-)Partners, von dem der Steuerpflichtige nicht dauernd getrennt lebt, jedenfalls einen zur unbeschränkten Steuerpflicht führenden Wohnsitz für den Steuerpflichtigen begründet (abgeleiteter Wohnsitz).[5] In der Praxis ist es daher empfehlenswert, dass beide (Ehe-)Partner getrennte Verzeichnisse führen.[6]

[1] Doralt, Steuerrecht 2022, S. 11; Marschner, in: Jakom, EStG 2022, § 1 Rn 4; EAS 3192.
[2] Doralt, Steuerrecht 2022, S. 6 f; Marschner, in: Jakom, EStG 2022, § 1 Rn 7; EAS 2897.
[3] Entspricht in etwa § 49 EStG.
[4] Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend inländische Zweitwohnsitze, BGBl II Nr. 528/2003.
[5] § 3 Zweitwohnsitzverordnung.
[6] Im Detail dazu siehe unter anderem: Loukota, SWI 2004, 053.

2. Endbesteuerung

 

Rz. 4

Die sog. Endbesteuerung kann neben der Nichtexistenz eines Solidaritätszuschlags ein ertragsteuerliches Motiv für einen Umzug nach Österreich darstellen. Dies galt auch nach der Einführung der Abgeltungssteuer in Deutschland zum 1.1.2009, insbesondere da die österreichische Variante im Gegensatz zu den deutschen steuerfreien Gewinnen aus Aktienverkäufen nach Abwarten der Spekulationsfrist zuließ. Seit 2012 werden jedoch auch solche Gewinne im Rahmen der Kapitalertragsteuer endbesteuert. Unter der Endbesteuerung ist zu verstehen, dass mit Abzug der vom Schuldner der Kapitalerträge einzubehaltenden Kapitalertragsteuer und Abführung an das Betriebsfinanzamt nach §§ 93 ff. ÖstEStG die Einkommensteuer abgegolten ist.[7]

 

Rz. 5

Da der Sondersteuersatz auf Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 27a ÖstEStG nur 27,5 % beträgt, könnte es sich für den Zuzügler lohnen, sein Vermögen in dem Sondersteuersatz unterliegendes Vermögen umzuschichten. Privilegiert in diesem Sinne sind u.a. Gewinnanteile aus österreichischen Aktien und GmbH-Anteilen und Zinserträge aus österreichischen Bankeinlagen und Forderungswertpapieren. Nicht der Endbesteuerung zugänglich sind dagegen etwa Zinsen aus Darlehen und Versicherungsleistungen aus Erlebensversicherungen.[8]

 

Rz. 6

 

Praxistipp

Seit März 2022 unterliegen laufende Einkünfte bzw. Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen im Zusammenhang mit Kryptowährungen ebenfalls der Kapitalertragsteuer. Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen im Zusammenhang mit Kryptowährungen liegen bspw. bei der Veräuß...

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