Rz. 1

In der heutigen Zeit des bargeldlosen Zahlungsverkehrs verfügt nahezu jeder Schuldner über ein Bankkonto (Girokonto). Auch wird heute regelmäßig das monatliche Gehalt bzw. der Lohn auf ein Gehalts- oder Lohngirokonto überwiesen. Bei der Pfändung eines Girokontos ist zunächst zu unterscheiden zwischen dem Kontokorrent und dem Girovertrag.[1] Kontokorrent umschreibt zunächst nur die kaufmännische Abrechnungsweise zwischen Personen, die miteinander in Geschäftsbeziehung stehen und bei der die gegenseitigen Ansprüche und Leistungen einander gegenübergestellt werden. Mit einem Girovertrag wird üblicherweise ein Girokonto eingerichtet, welches von einer Bank für einen Kunden geführt wird und der Abwicklung des gesamten Zahlungsverkehrs dient. Unter Zahlungsverkehr versteht man z.B. Gutschriften, Abhebungen, Ausführung von Daueraufträgen, Bereitstellung von Geldbeträgen etc.

 

Rz. 2

Wiederholt ist in der Praxis zu beobachten, dass nach Erlass einer Pfändung in die Rechtsbeziehung zwischen dem Schuldner als Kunde und der Bank als Drittschuldner die Bank mit der Kündigung des Kontos droht. Allerdings ist die Androhung der Bank, den Kontovertrag zu kündigen, keine sittenwidrige Härte i.S.v. § 765a ZPO, die dazu führt, die Pfändung aufzuheben.[2] Die Frage, ob eine Kündigung des Kontos rechtswirksam ist, kann nicht im Zwangsvollstreckungsverfahren geklärt werden.

 

Rz. 3

Die Kündigungsmöglichkeiten der Bank richten sich nach den Regelungen der §§ 675h ff. BGB, sowie ergänzend nach den Vereinbarungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der jeweiligen Bank. Das Kreditinstitut kann ein Girokonto nur kündigen, wenn das Konto auf unbestimmte Zeit geschlossen wurde und wenn eine Kündigungsmöglichkeit vertraglich vorgesehen ist, § 675h Abs. 2 BGB. Die AGB der Banken sehen in der Regel solche Kündigungsrechte vor. Dabei darf laut Gesetz eine Kündigungsfrist von zwei Monaten nicht unterschritten werden. Bei einer ordentlichen Kündigung muss die Bank die Interessen des Kunden nicht abwägen.[3]

 

Rz. 4

Anders kann es sein, wenn das Girokonto bei einer Sparkasse geführt wird. Der BGH[4] hat folgende Bestimmung in Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen i.d. Fassung vom 1.11.2009 als intransparent und nach § 307 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB gegenüber Verbrauchern für unwirksam erklärt:

Zitat

"Soweit keine zwingenden Vorschriften entgegenstehen und weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart ist, können sowohl der Kunde als auch die Sparkasse die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Kündigt die Sparkasse, so wird sie den berechtigten Belangen des Kunden angemessen Rechnung tragen, insbesondere nicht zur Unzeit kündigen. Für die Kündigung eines Zahlungsdiensterahmenvertrages (z.B. Girovertrag oder Kartenvertrag) durch die Sparkasse beträgt die Kündigungsfrist mind. zwei Monate."

Der Text von § 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen wurde mittlerweile ergänzt und angepasst, es muss für eine Kündigung ein sachgerechter Grund vorliegen.[5]

 

Rz. 5

Zwischenzeitlich wurde das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten sowie den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen verkündet (Zahlungskontengesetz – ZKG).[6] Der Schwerpunkt dieses Zahlungskontengesetzes liegt beim Recht eines jeden Verbrauchers auf Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen (Basiskonto). Nach § 31 ZKG gilt:

 

(1) Ein Institut, das Zahlungskonten für Verbraucher anbietet (Verpflichteter), hat mit einem Berechtigten einen Basiskontovertrag zu schließen, wenn dessen Antrag die Voraussetzungen des § 33 ZKG erfüllt. Berechtigter ist jeder Verbraucher mit rechtmäßigem Aufenthalt in der Europäischen Union einschließlich Personen ohne festen Wohnsitz und Asylsuchende sowie Personen ohne Aufenthaltstitel, die aber aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden können.

(2) Der Verpflichtete hat dem Berechtigten den Abschluss des Basiskontovertrags unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zehn Geschäftstagen nach Eingang des in Absatz 1 genannten Antrags, anzubieten. Der Verpflichtete hat dem Berechtigten den Eingang des Antrags unter Beifügung einer Abschrift des Antrags zu bestätigen.

Ein solches Konto soll alle Funktionen umfassen, die zur Eröffnung, Führung und Schließung eines Zahlungskontos und für die Nutzung von Basis-Zahlungsdiensten (Bareinzahlungen, Barauszahlungen, Überweisungen, Lastschriften, Kartenzahlungen) erforderlich sind.

[1] Hierzu Hofmann, Rpfleger 2001, 113, Konto- und Bargeldpfändung.
[2] LG Frankfurt a.M. v. 14.12.2005 – 2/13 T 278/05, 2–13 T 278/05, Rpfleger 2006, 209.
[4] BGH v. 5.5.2015 – XI ZR 214/14, NJW 2015, 2412 = WM 2015, 1379 = ZIP 2015, 1380.
[6] BGBl I 2016, 720; hierzu Herresthal, BKR 2016, 133; Findeisen, WM 2016...

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