Rz. 28

Es ist in der Praxis durchaus üblich, dass die Bank bei privaten Gehalts- oder Lohnkonten dem Kunden einen nicht näher bestimmten Kreditrahmen einräumt (etwa drei Monatsgehälter). Für die Bank besteht jedoch mangels konkreten Vertragsverhältnisses keine Verpflichtung, den Kredit auszuzahlen. Wird die Darlehenssumme jedoch ausgezahlt, handelt es sich hierbei um einen ganz normalen Zahlungsanspruch, der der Pfändung unterliegt.[26]

 

Rz. 29

Ob der Überziehungskredit einen pfändbaren Anspruch darstellt, hat der BGH[27] offengelassen. Der BGH stellt in seiner Entscheidung darauf ab, dass im zu entscheidenden Fall eine konkrete Kreditabrede nicht vorgelegen hat.

 

Rz. 30

Die bloße Duldung einer Überziehung gibt aber dem Kunden der Bank dieser gegenüber keinen Anspruch, sodass es sich hierbei nicht um eine pfändbare Forderung handeln kann.[28] Für die Unterscheidung zwischen einem Dispositionskredit und einer nur geduldeten Überziehung ist zum einen entscheidend, ob die Initiative zu der Anbringung des Kreditantrags oder des Kreditangebots vom Kreditnehmer oder vom Kreditgeber ausgeht; zum anderen kommt es darauf an, ob die Kreditentscheidung der Bank im Voraus und losgelöst von einem einzelnen Belastungsvorgang getroffen wird. Ist Letzteres nicht der Fall, kommt eine Pfändung der sog. "offenen Kreditlinie" nicht in Betracht.[29]

 

Rz. 31

Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn dem Schuldner ein Anspruch auf Auszahlung eines Kredites aufgrund einer festen Zusage zugestanden hätte, die Bank also verpflichtet gewesen wäre, dem Kunden den Kredit zur Verfügung zu stellen.

 

Rz. 32

Diese Auffassung ist abzulehnen. Eine bloße Duldung eines Überziehungskredites gibt es nicht. Jede Überziehung beinhaltet den Abschluss eines Darlehensvertrags. Dieser kommt in dem Moment zustande, in dem sich die Bank entschließt, die Überweisungen auszuführen. Der Auszahlungsanspruch wird von der beantragten umfassenden Pfändung zumindest für eine "logische juristische Sekunde" erfasst und ist damit als Guthabenbetrag an den Pfändungsgläubiger auszuzahlen.[30]

[26] OLG Köln v. 25.3.1983 – 20 U 257/82, ZIP 1983, 810; Jungmann, ZInsO 1999, 64, 69.
[27] BGH v. 24.1.1985 – IX ZR 65/84, NJW 1985, 1219 = ZIP 1985, 339.
[29] OLG Hamm v. 10.12.2001 – 31 U 103/99, NJW-RR 2002, 1477 = DZWIR 2002, 211.
[30] Jungmann, ZInsO 1999, 64, 72; Baßlsperger, Rpfleger 1985, 180; Baßlsperger, Rpfleger 1986, 266.

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