A. Änderungen bei der steuerlichen Belastung

 

Rz. 1

Der Jahreswechsel nach der Trennung hat entscheidende Bedeutung für die steuerliche Behandlung der beiden Eheleute. Denn zu dem auf die Trennung folgenden Jahreswechsel ändert sich auch die Steuerklasse. Ab 01.01. kommt Steuerklasse I statt Steuerklasse III zur Anwendung.

 

Rz. 2

Einkommensteuerzahlende Eheleute können nach § 26 Abs. 1 EStG zwischen der getrennten Veranlagung gem. § 26a EStG und der Zusammenveranlagung gem. § 26b EStG wählen.[1] Bei einkommensteuerrechtlicher Betrachtung gilt im Jahr nach der Trennung die Grundtabelle statt der bisherigen gemeinsamen steuerlichen Veranlagung nach der Splittingtabelle.

 

Rz. 3

 

Praxistipp:

Bei der – günstigeren – Zusammenveranlagung von Eheleuten (§ 32a Abs. 5 EStG, sog. Splittingtarif) beträgt die Jahressteuer nach diesem Tarif das Zwiefache des Steuerbetrages, der sich für die Hälfte des gemeinsam zu versteuernden Einkommens der Eheleute nach dem Grundtarif.
Beim Splittingtarif verdoppelt sich auch die Freigrenze nach § 3 Abs. 3 SolZG.
 

Rz. 4

 

Beispiel:

Die Eheleute trennen sich zum 15.10.2017. Dann gilt ab 1.1.2018 nicht mehr Steuerklasse III, sondern Steuerklasse I. Dadurch erhöht sich die Lohnsteuerbelastung; entsprechend steigen auch Kirchensteuern und Solidaritätszuschlag.

 

Praxistipp:

Die Folge ist eine höhere Steuerbelastung, die sich über den Unterhalt auf alle Familienmitglieder niederschlägt. Daher sind Trennungen kurz vor dem Jahreswechsel – finanziell betrachtet – nicht ratsam, da damit für ein Jahr erhebliche Mindereinnahmen in Kauf genommen werden!
Der beratende Anwalt sollte auf die zum nächsten Jahreswechsel eintretende Steuermehrbelastung hinweisen, damit die Beteiligten sich darauf möglichst langfristig einstellen können.
 

Rz. 5

Für die Unterhaltsberechnung liegen nun regelmäßig Gehaltsbescheinigungen des letzten Jahres des Zusammenlebens vor, die beim Ausweis des Nettoeinkommens noch auf der günstigeren Steuerklasse III basieren. Wird die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit nach diesen Daten festgelegt, liegt die Bewertung weit über der Einkommenslage, die sich bei korrekter steuerlicher Einordnung ergäbe.

 

Rz. 6

 

Praxistipp:

Man kann allen späteren Rechtsproblemen und Berechnungsschwierigkeiten aus dem Wege gehen, wenn jeder Ehegatte umgehend die Änderung der Steuerklasse veranlasst und damit für das laufende Jahr steuerlich korrekt belastet wird.
Dann muss für die vorzunehmende Unterhaltsberechnung lediglich das durchschnittliche Bruttoeinkommen aus den vorhandenen Gehaltsbescheinigungen mit Hilfe der für das aktuelle Kalenderjahr geltenden Steuerwerte in das korrekte Nettoeinkommen des laufenden Jahres umgerechnet werden.

Hierfür bieten verschiedene Berechnungsprogramme im Internet kostenlose Hilfestellung wie z.B.

http://www.bmf-steuerrechner.de/
http://steuerrechner.com.de/
http://www.n-heydorn.de/steuer.html
Der unterhaltspflichtige Mandant sollte unmissverständlich über diese steuerrechtlichen Konsequenzen belehrt werden! Die Belehrungen sollten ausreichend dokumentiert werden.
Erfolgt keine Änderung der Steuerklasse durch den Unterhaltspflichtigen ist umstritten, ob bei der Unterhaltsberechnung eine fiktive Berechnung des Nettoeinkommens auf der Basis der korrekten Steuerklasseneinordnung zu erfolgen hat.
[1] Die wählbare dritte Möglichkeit der besonderen Veranlagung nach § 26c EStG besteht nur für das Jahr der Eheschließung.

B. Steuerliche Abzugsmöglichkeiten von Unterhaltszahlungen

I. Unterhalt an leibliche oder adoptierte Kinder

 

Rz. 7

Zahlungen von Kindesunterhalt können bis maximal 9.744 EUR (2021) im Jahr als außergewöhnliche Belastung abgesetzt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass weder der Unterhaltszahlende noch der andere Ehegatte Kindergeld oder den Kinderfreibetrag für das Kind in Anspruch nehmen.

 

Rz. 8

 

Praxistipp:

In der Regel kommt ein Abzug der Kosten also nur bei einem volljährigen Kind in Betracht, für das es kein Kindergeld mehr gibt.
Verdient das Kind außerdem mehr als 624 EUR im Jahr, zieht das Finanzamt alle Einnahmen, die über dem Betrag von 624 EUR liegen, von den 8.820 EUR ab.
Die gleiche Rechnung gilt auch für noch verheiratete Eltern, die ihr Kind finanziell unterstützen. Voraussetzung auch hier: Es darf kein Anspruch auf Kindergeld bestehen.

II. Ehegattenunterhalt

 

Rz. 9

Ehegattenunterhalsleistungen können als außergewöhnliche Belastungen oder Sonderausgaben abgesetzt werden.

 

Praxistipp:

Werden trotz Trennung oder Scheidung weiterhin die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Ex-Ehegatten gezahlt, können diese Zahlungen zusätzlich absetzt werden – gleichgültig, ob der Unterhalt als Sonderausgabe oder als außergewöhnliche Belastung in die Steuererklärung eintragen wird.

1. Sonderausgabenabzug (begrenztes Realsplitting)

 

Rz. 10

Da ab dem Jahr nach der Trennung die günstige Ehegattenbesteuerung mit dem Splittingtarif nicht mehr möglich ist, können als Ausgleich nachgewiesene Unterhaltsleistungen an den getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten als Sonderausgaben in Abzug gebracht werden und so eine Steuerentlastung ähnlich dem früheren Splittingtarif erreicht werden – daher auch die Bezeichnung Realsplitting.

a) Darstellung des Sonderausgabenabzug

 

Rz. 11

Das sog. Realsplitting is...

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