Rz. 9

Ehegattenunterhalsleistungen können als außergewöhnliche Belastungen oder Sonderausgaben abgesetzt werden.

 

Praxistipp:

Werden trotz Trennung oder Scheidung weiterhin die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Ex-Ehegatten gezahlt, können diese Zahlungen zusätzlich absetzt werden – gleichgültig, ob der Unterhalt als Sonderausgabe oder als außergewöhnliche Belastung in die Steuererklärung eintragen wird.

1. Sonderausgabenabzug (begrenztes Realsplitting)

 

Rz. 10

Da ab dem Jahr nach der Trennung die günstige Ehegattenbesteuerung mit dem Splittingtarif nicht mehr möglich ist, können als Ausgleich nachgewiesene Unterhaltsleistungen an den getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten als Sonderausgaben in Abzug gebracht werden und so eine Steuerentlastung ähnlich dem früheren Splittingtarif erreicht werden – daher auch die Bezeichnung Realsplitting.

a) Darstellung des Sonderausgabenabzug

 

Rz. 11

Das sog. Realsplitting ist in § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG geregelt. Der Unterhaltspflichtige kann seine Unterhaltsleistungen unter bestimmten Voraussetzungen höchstens bis zu 13.805 EUR jährlich im Wege des Sonderausgabenabzugs geltend zu machen. Im Gegenzug muss der Unterhaltsberechtigte die erhaltenen Unterhaltszahlungen in der Höhe des Sonderausgabenabzugs in ihrer Anlage SO als "sonstige Einkünfte" nach § 22 Nr. 1a EStG angeben und versteuern (steuerliches Korrespondenzprinzip).

b) Voraussetzungen des Realsplittings

 

Rz. 12

Beide Ehegatten müssen unbeschränkt steuerpflichtig, dauernd getrennt lebend oder geschieden sein.

 

Praxistipp:

Diese Abzugsmöglichkeit ist ausschließlich den Ehegatten vorbehalten, d.h. die Zahlungen an eine ledige Kindesmutter nach § 1615l BGB können nicht in Abzug gebracht werden.[2]
Lebt der Unterhaltsverpflichtete im Inland und der Unterhaltsberechtigte in einem anderen Mitgliedstaat der EU, so kommt ein Sonderausgabenabzug grundsätzlich nur in Betracht, wenn eine Besteuerung im anderen Mitgliedsstaat erfolgt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund von § 1a Abs. 1 Nr. 1 EStG.[3]

Zudem muss ein Antrag der beiden Ehegatten gestellt sein; dies kann auch formlos erfolgen. Die Antragstellung erfolgt in aller Regel mit dem Formblatt – Anlage U – zur Einkommensteuererklärung, welches bei den zuständigen Finanzbehörden erhältlich ist.

 

Praxistipp:

Eine Verpflichtung, speziell die Anlage U auszufüllen, besteht jedoch nicht.

 

Rz. 13

Der Antrag kann auch auf einen Teilbetrag der Unterhaltsleistungen beschränkt werden.[4]

Die Unterhaltsberechtigte muss zustimmen, wenn der unterhaltsverpflichtete Ehegatte bereit ist, die steuerlichen und sonstigen finanziellen Nachteile, welche aus der erteilten Zustimmung resultieren, auszugleichen.

[3] Brockschnieder in jurisPK-BGB, Stand 17.2.2020, Steuerrechtliche Hinweise zu § 1569 BGB Rn 11.
[4] Brockschnieder in jurisPK-BGB, Stand 17.2.2020, Steuerrechtliche Hinweise zu § 1569 BGB Rn 13 m.w.N.

c) Auswirkung auf den Empfänger der Unterhaltszahlungen

 

Rz. 14

Die Unterhaltsleistungen zählen beim Berechtigten zum einkommenssteuerpflichtigen Einkommen, müssen also versteuert werden.

Der Unterhaltsverpflichtete muss alle Nachteile, die der Unterhaltsberechtigten dadurch entstehen, ausgleichen. Diese Verpflichtung zum Nachteilsausgleich beschränkt sich nicht nur auf die direkten steuerlichen Nachteile.

Denn als Folge des erhöhten "Einkommens" können weitere Einkommens-und Vermögensnachteile entstehen. So kann der Anspruch auf bestimmte öffentliche Leistungen verloren gehen, die einkommensabhängig gewährt werden(z.B. Arbeitnehmersparzulagen für vermögenswirksame Leistungen nach § 12 VermBG, Sparprämien, Wohnungsbauprämie, Waisen-, Eltern- und Ausgleichsrenten). Dazu zählt auch eine durch das begrenzte Realsplitting entstehende Krankenversicherungspflicht.[5]

 

Rz. 15

 

Praxistipp:

Diese mittelbar entstehenden sozialrechtlichen Nachteile werden in der Praxis oft übersehen![6]
Da der Unterhaltsverpflichtete auch alle außerhalb des Einkommensteuerrechts liegenden Nachteile der Unterhaltsberechtigten ausgleichen muss, ist das Risiko im Vorfeld kaum absehbar.[7]
Das Verfahren auf Ersatz der aus dem begrenzten Realsplitting entstandenen Nachteile ist eine Unterhaltssache und als solche eine Familienstreitsache.[8]
 

Rz. 16

Trotz dieser Risiken kann die Unterhaltsempfängerin ihre Zustimmung nicht verweigern; sie kann auch kein Zurückbehaltungsrecht geltend machen.[9] Aus Gründen der nachehelichen Solidarität muss die Unterhaltsberechtigte alle legalen steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten mittragen, die die finanzielle Belastung des Unterhaltsverpflichteten reduzieren und damit dessen unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit erhöhen, sofern ihr selbst daraus keine Nachteile erwachsen.[10]

 

Rz. 17

Sie kann aber ihre Zustimmung zum Realsplitting abhängig machen von einer solchen Verpflichtungserklärung über die Erstattung bzw. Freistellung hinsichtlich der entstehenden steuerlichen Belastungen. Bereits die Festsetzung von Steuervorauszahlungen gegenüber dem Unterhaltsberechtigten löst einen Freistellungsanspruch gegenüber dem Unterhaltspflichtigen aus.[11]

Den Anspruch auf Erstattung ihrer steuerlichen oder s...

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