Rz. 14

Die Unterhaltsleistungen zählen beim Berechtigten zum einkommenssteuerpflichtigen Einkommen, müssen also versteuert werden.

Der Unterhaltsverpflichtete muss alle Nachteile, die der Unterhaltsberechtigten dadurch entstehen, ausgleichen. Diese Verpflichtung zum Nachteilsausgleich beschränkt sich nicht nur auf die direkten steuerlichen Nachteile.

Denn als Folge des erhöhten "Einkommens" können weitere Einkommens-und Vermögensnachteile entstehen. So kann der Anspruch auf bestimmte öffentliche Leistungen verloren gehen, die einkommensabhängig gewährt werden(z.B. Arbeitnehmersparzulagen für vermögenswirksame Leistungen nach § 12 VermBG, Sparprämien, Wohnungsbauprämie, Waisen-, Eltern- und Ausgleichsrenten). Dazu zählt auch eine durch das begrenzte Realsplitting entstehende Krankenversicherungspflicht.[5]

 

Rz. 15

 

Praxistipp:

Diese mittelbar entstehenden sozialrechtlichen Nachteile werden in der Praxis oft übersehen![6]
Da der Unterhaltsverpflichtete auch alle außerhalb des Einkommensteuerrechts liegenden Nachteile der Unterhaltsberechtigten ausgleichen muss, ist das Risiko im Vorfeld kaum absehbar.[7]
Das Verfahren auf Ersatz der aus dem begrenzten Realsplitting entstandenen Nachteile ist eine Unterhaltssache und als solche eine Familienstreitsache.[8]
 

Rz. 16

Trotz dieser Risiken kann die Unterhaltsempfängerin ihre Zustimmung nicht verweigern; sie kann auch kein Zurückbehaltungsrecht geltend machen.[9] Aus Gründen der nachehelichen Solidarität muss die Unterhaltsberechtigte alle legalen steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten mittragen, die die finanzielle Belastung des Unterhaltsverpflichteten reduzieren und damit dessen unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit erhöhen, sofern ihr selbst daraus keine Nachteile erwachsen.[10]

 

Rz. 17

Sie kann aber ihre Zustimmung zum Realsplitting abhängig machen von einer solchen Verpflichtungserklärung über die Erstattung bzw. Freistellung hinsichtlich der entstehenden steuerlichen Belastungen. Bereits die Festsetzung von Steuervorauszahlungen gegenüber dem Unterhaltsberechtigten löst einen Freistellungsanspruch gegenüber dem Unterhaltspflichtigen aus.[11]

Den Anspruch auf Erstattung ihrer steuerlichen oder sonstigen wirtschaftlichen Nachteile hat die Unterhaltsberechtigte jedoch ohne vorherige Erklärung einer Freistellungs- und Erstattungsverpflichtung des Unterhaltsverpflichteten.[12] Die Verpflichtungserklärung hat also lediglich deklaratorischen Charakter.[13] Eine Freistellung hinsichtlich sonstiger Nachteile kann die unterhaltsberechtigte nur verlangen, wenn sie im Einzelfall diese Nachteile substantiiert darlegen kann.[14]

 

Rz. 18

Sie darf eine Sicherheitsleistung vor Erteilung seiner Zustimmung nur dann einfordern, wenn sie begründet, dass der Unterhaltsverpflichtete seiner Verpflichtung zum Ausgleich der finanziellen Nachteile nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen wird.[15]

 

Rz. 19

Die Zustimmung zum Realsplitting kann durch die Unterhaltsberechtigte allerdings dann verweigert werden, wenn sie darlegen kann, dass der Unterhaltsverpflichtete ihre Steuerbelastung nicht vorbehaltlos übernehmen, sondern durch Aufrechnung mit einer Gegenforderung erstatten will.[16]

 

Rz. 20

Die Unterhaltsberechtigte hat keinen Anspruch auf unmittelbare Teilhabe an dem Steuervorteil des Unterhaltsverpflichteten, also keinen Anspruch auf Auszahlung eines Anteils an der Steuerersparnis hat. Die Zustimmung zum Realsplitting kann auch nicht von einer solchen unmittelbaren Beteiligung abhängig gemacht werden.[17]

 

Rz. 21

 

Praxistipp:

Der Vorteil des begrenzten Realsplittings wird in der Praxis leider vielfach überschätzt.
Vor Inanspruchnahme des Realsplittings sind die Vor- und Nachteile konkret zu ermitteln. In der Regel überwiegen die zusätzlichen Belastungen eine steuerliche Entlastung.
Denn ein Unterhaltspflichtiger muss dem unterhaltsberechtigten Ehegatten alle – nicht nur steuerliche – aus der Inanspruchnahme des Realsplittings entstehenden Nachteile ausgleichen.[18]
Dazu zählt auch eine durch das begrenzte Realsplitting entstehende Krankenversicherungspflicht. Deshalb ist stets die Freistellung von allen aus der Inanspruchnahme des Realsplittings entstehenden Nachteilen zu verlangen.
Im Fall einer vergleichsweisen Regelung des Unterhalts sollte die Frage ausdrücklich geklärt werden, ob der Unterhaltspflichtige das begrenzte Realsplitting in Anspruch nehmen will, um später unangenehme Überraschungen zu vermeiden.
Ein entsprechender Hinweis in der anwaltlichen Beratung ist unverzichtbar!
[5] Poppen in Büte/Poppen/Menne, Unterhaltsrecht, § 10 EStG Rn 15 m.w.N.
[6] Poppen in Büte/Poppen/Menne, Unterhaltsrecht, § 10 EStG Rn 15 m.w.N.
[7] Brockschnieder in jurisPK-BGB, Stand 17.2.2020, Steuerrechtliche Hinweise zu § 1569 BGB Rn 17.
[9] Poppen in Büte/Poppen/Menne, Unterhaltsrecht, § 10 EStG Rn 8 m.w.N.
[10] BGH FamRZ 1998, 1153.
[12] Brockschnieder in jurisPK-BGB, Stand 17.2.2020, Steuerrechtliche Hinweise zu § 1569 BGB Rn 19.
[13] Poppen i...

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