Rz. 334

Bei der Ermittlung des objektivierten Unternehmenswerts ist nur die dem Unternehmen innewohnende und übertragbare Ertragskraft zu bewerten.[528] Dies kann zu Besonderheiten insbesondere bei der Bewertung von kleinen und mittelgroßen Unternehmen führen, da sie im Gegensatz zu großen Unternehmen oftmals nicht über ein von den Unternehmenseignern weitgehend unabhängiges Management verfügen, so dass der unternehmerischen Fähigkeit der Eigentümer erhebliche Bedeutung zukommt.[529] Bei diesen Unternehmen sind für den Unternehmenserfolg die persönlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Beziehungen sowie das persönliche Engagement der Unternehmenseigner meist von erheblicher Bedeutung.[530]

 

Rz. 335

Die bei personenbezogenen Unternehmen in der Person des Eigentümers begründeten positiven und negativen Erfolgsbeiträge, die losgelöst vom bisherigen Eigentümer nicht realisiert werden können, haben bei der Prognose der künftigen finanziellen Überschüsse außer Betracht zu bleiben.[531]

 

Rz. 336

Eine Korrektur der künftigen finanziellen Überschüsse findet durch die Berücksichtigung eines angemessen Unternehmerlohns statt.[532]

Die Höhe eines angemessenen Unternehmerlohns kann nach der Vergütung bestimmt werden, die ein nicht am Unternehmen beteiligter Geschäftsführer erhalten würde.[533] Der Gewinn kann hingegen nicht maßgeblich sein, wenn es um die Höhe eines Unternehmerlohnes geht, da der Gewinn nicht allein nur auf die Leistungen des Inhabers zurückgeht, sondern auch von den Mitarbeitern erwirtschaftet wird.[534]

 

Rz. 337

Die Berücksichtigung eines angemessenen Unternehmerlohns führt häufig sogar dazu, dass das Unternehmen mangels der Möglichkeit der Unternehmensfortführung ohne die bisherige Unternehmensleitung oder mangels positiver Ertragswerte mit dem Liquidationswert zu bewerten ist.[535] Im Familienrecht können dagegen aber auch personenbezogene, nicht übertragbare Faktoren bei der Ermittlung des Ertragswerts einzubeziehen sein.[536]

 

Rz. 338

Der BGH verlangt daher auch in ständiger Rechtsprechung den Ansatz eines Unternehmerlohnes, der nicht pauschaliert nach branchenüblichen Vergütungen, sondern individualisiert nach den persönlichen Verhältnissen des Inhabers ermittelt wird.[537] Nach Ansicht des BGH ermöglicht die individuelle Leistungsbereitschaft des Inhabers, sein zeitlicher Arbeitseinsatz sowie seine konkreten Spezialkenntnisse die individuelle Erfassung des Wertes seiner Arbeit.[538] Nur auf diese Weise wird der auf den Inhaber bezogene Wert eliminiert, der auf dessen Arbeit, persönlichen Fähigkeiten und Leistungen beruht und auf einen Übernehmer nicht übertragbar ist.[539]

 

Rz. 339

Die Notwendigkeit des Ansatzes eines konkret angemessenen Unternehmerlohnes hängt nicht von einer Konkurrenz von Zugewinnausgleichs- und Unterhaltsanspruch im Einzelfall ab, sondern besteht vielmehr generell.[540] Bei der Ermittlung des Goodwills eines Unternehmens oder einer freiberuflichen Praxis ist nämlich jeweils darauf Bedacht zu nehmen, dass nur die übertragbaren Bestandteile bewertet werden.[541] Dazu gehört der auf die persönliche Leistung des Inhabers entfallende Teil des Ertragswerts nicht.[542] Die Problematik des Verbotes der zweifachen Teilhabe (Doppelverwertungsverbot) ist ergänzend nur dann gegeben, wenn eine Konkurrenz zwischen Zugewinnausgleich und Unterhalt tatsächlich vorliegt, was nur dann der Fall sein kann, wenn zum Unterhalt auch der Vermögensstamm herangezogen wird.[543]

 

Rz. 340

Für die konkrete Ermittlung des individuell angemessenen Unternehmerlohnes bedient sich der BGH allerdings auch des pauschalen Ansatzes von Tariflöhnen sowie existierenden Gehaltsumfragen von Berufskammern und passt diese individuell an.[544] So zieht der BGH für die Bemessung eines individuellen kalkulatorischen Unternehmerlohns bei der Bewertung von Arzt-/Zahnarztpraxen das pauschale Oberarztgehalt nach Bundes – Angestelltentarifvertrag (BAT) heran, und erhöht das so ermittelte Bruttogehalt um die sogenannte Chefzulage von 15 % und rechnet zudem die Aufwendungen für die Altersvorsorge, also 20 % für die primäre und weitere 4 % für eine zusätzliche Altersvorsorge hinzu.[545] Bei der Bewertung einer Steuerberaterpraxis hat der BGH es zudem als sachgerecht gebilligt, dass der Sachverständige bei der Ermittlung des Unternehmerlohnes eines Steuerberaters zunächst für die Bemessung des Bruttogehaltes die Gehaltsumfrage des Steuerberaterverbandes Deutschland herangezogen hat, und das so ermittelte Bruttojahresgehalt dann noch um die Chefzulage sowie die Aufwendungen für die Altersvorsorge aufstockt.[546]

 

Rz. 341

Für die Ermittlung eines individuellen kalkulatorischen Unternehmerlohn kann demnach nach der Rechtsprechung des BGH zunächst auf Branchenkennzahlen und Vergleichswerte für die Bemessung des Bruttojahresgehaltes zurückgegriffen werden, welches danach durch Zuschläge für Altersvorsorgeaufwendungen und Mehrleistungen des Unternehmers individuell anzupassen ist.

 

Rz. 342

Aufgrund Fehlens verlässlicher Kriterien wird allerdings in der Lit...

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