1. Allgemeines zum gesetzlichen Güterrecht

 

Rz. 1

Das Güterrecht kennt drei Güterstände, nämlich die Gütergemeinschaft, die Gütertrennung und die Zugewinngemeinschaft.

Die Gütergemeinschaft als auch die Gütertrennung sind sogenannte Wahlgüterstände, da deren Eintritt durch die Eheleute im Wege eines formbedürftigen Vertrages vor oder nach Eheschließung vereinbart werden muss.

2. Der gesetzliche Güterstand: die Zugewinngemeinschaft

 

Rz. 2

Bei der Zugewinngemeinschaft handelt es sich um den "gesetzlichen Güterstand", da dieser mit Eheschließung zwischen den Eheleuten eintritt.

a) Grundsätzliches zur Zugewinngemeinschaft

 

Rz. 3

Im Rahmen der Zugewinngemeinschaft bleiben – oftmals entgegen der Auffassung der Eheleute – zwei Vermögensmassen rechtlich getrennt nebeneinander bestehen, deren Veränderung während der Ehezeit, also den relevanten Stichtagen für das Anfangs- und das Endvermögen, bei Beendigung des Güterstand anders als durch Tod zwischen den Eheleuten auszugleichen ist.

 

Rz. 4

Allerdings ist in aller Regel die eheliche Lebensgemeinschaft geprägt von einem wirtschaftlichen Zusammenwirken der Eheleute unabhängig davon, wie sich die Rollenverteilung während bestehender Ehe darstellt. Aus dem Scheitern der Ehe folgt daher die Notwendigkeit die entstandenen Vermögensverflechtungen zu entwirren und zwischen den Eheleuten für einen wirtschaftlichen Ausgleich zu sorgen. Der finanzielle Ausgleich findet zwischen den getrennten Vermögensmassen durch deren Vergleich statt. Vereinfacht dargestellt kann man sagen, dass der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft in der Sache nichts anderes bedeutet als Gütertrennung mit späterem schuldrechtlichen Zugewinnausgleich.[1]

[1] BGH FamRZ 1989, 835, 837.

b) Die Reformen des gesetzlichen Güterstands

 

Rz. 5

In der Vergangenheit wurden die Regelungen zur Zugewinngemeinschaft wiederholt reformiert. Allerdings berührten die Reformen die Grundsätze der Zugewinngemeinschaft nicht.

aa) Die Reform 2002

 

Rz. 6

Einhergehend mit der Schuldrechtsreform betraf ein wesentlicher Reformteil die Verjährung. Des Weiteren wurden die von der Rechtsprechung aus § 242 BGB entwickelten Grundsätze zum Wegfall der Geschäftsgrundlage in § 313 BGB niedergelegt. Im Übrigen änderte sich die Rechtslage durch die Reform 2002 nicht wesentlich.

bb) Die Reform 2009

 

Rz. 7

Auch die Reform aus dem Jahr 2009 griff in die grundlegende Struktur des Ehegüterrechts nicht ein. Die Zugewinngemeinschaft als gesetzlicher Güterstand stellt sich nach wie vor als Gütertrennung mit späterem schuldrechtlichen Zugewinnausgleich dar. Mit der Reform 2009 versuchte der Gesetzgeber einzelne strukturelle Defizite und Gerechtigkeitslücken zu beheben. Im Wesentlichen handelte es sich um folgende:

§ 1374 BGB berücksichtigt negatives Anfangsvermögen nicht.
Illoyale Vermögensverschiebungen zu Lasten eines Ehegatten sind wegen der unterschiedlichen Stichtage in § 1378 Abs. 2 BGB und §§ 1384, 1387 BGB möglich.
Keine Auskunfts- und Belegpflicht zum Anfangsvermögen.
Die HausratsVO.

Diese Kritikpunkte wurden durch die Reform 2009 aufgegriffen und in dem bekannten Umfang abgeändert. Damit verblieb bzw. verbleibt es bei dem Grundgedanken des Zugewinnausgleichs, dass der wirtschaftliche Erfolg aus der Ehe tatsächlich auf beide Ehepartner verteilt wird, wobei durch die Änderungen der Reform 2009 Manipulationen der Ausgleichsbilanz durch einen oder beide Ehegatten verhindert oder zumindest erschwert werden sollen.

 

Rz. 8

Im Übrigen hob der Gesetzgeber die Hausratsverordnung (HausrVO) auf. Regelungen zur Ehewohnung und zum Hausrat finden sich nun im BGB in den §§ 1568a und 1568b. Die entsprechenden Verfahrensvorschriften regelt das FamFG. Die Änderungen haben folgende Inhalte:

§ 1568a BGB: Der Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung hängt von der jeweiligen Bedürfnislage des Ehegatten ab. Rechtsfolge der Überlassung ist ausschließlich die Begründung oder Fortführung eines Mietverhältnisses.
§ 1568b BGB: Der Anspruch auf Überlassung von Haushaltsgegenständen orientiert sich ebenfalls an der Bedürfnislage des Ehegatten als alleinigem Verteilungskriterium.

c) Die Struktur des gesetzlichen Güterstands

 

Rz. 9

Bei der Zugewinngemeinschaft handelt es sich tatsächlich während bestehender Ehe um eine Gütertrennung mit finanziellem Ausgleich bei deren Beendigung,[2] mit nachfolgenden gesetzgeberischen Grundsatzentscheidungen, die auch durch die Reformen von 2002 bzw. 2009 nicht aufgegeben oder berührt worden sind.

[2] Haußleiter/Schulz, Kap. 1 Rn 10.

aa) Getrennte Vermögen, § 1363 Abs. 2 BGB

 

Rz. 10

Grundsätzlich werden die bestehenden Eigentumsverhältnisse auch bei Eheschließung nicht verändert, es entsteht gerade kein gemeinschaftliches Vermögen. Dies gilt sowohl für das bei Eheschließung vorhandene als auch das während bestehender Ehe (hinzu-)erworbene Vermögen. Jede Anschaffung eines Ehegatten stellt sich als Individualerwerb für das eigene Vermögen[3] dar. Ohne ein zugrundeliegendes Rechtsgeschäft erwerben die Ehegatten Vermögen weder gemeinsam noch von einander.

 

Rz. 11

 

Praxistipp

Nur im Falle der Beendigung der Zugewinngemeinschaft durch den Tod eines Ehegatten kann der andere an dessen Vermögen dinglich beteiligt werden (§ 1371 BGB).

 

Rz. 12

Konsequenterweise gilt der Grundsatz der Vermögenstrennung und des Individualerwerbs auch für Verbindlichkeiten eines Ehe...

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