Rz. 1371

Kommt eine vertragliche Einigung zwischen den Ehegatten nicht zustande, kann jeder Ehegatte Anspruch auf Auseinandersetzung beim Familiengericht geltend machen. Damit soll der andere Ehegatte verpflichtet werden, dem vorgelegten Auseinandersetzungsplan zuzustimmen.[1511]

 

Rz. 1372

Die Auseinandersetzung richtet sich nach den §§ 14741481 BGB. Sie erfolgt nach dem Aufbau des Gesetzes in zwei Stufen. Zunächst sind gemäß § 1475 BGB die Gesamtgutsverbindlichkeiten zu berichtigen. Sodann ist in der zweiten Stufe ein verbleibender Überschuss zu verteilen (§§ 1476, 1477 Abs. 1 BGB).

 

Rz. 1373

Bei Beendigung der Gütergemeinschaft durch Scheidung oder Aufhebung der Ehe gelten für die Auseinandersetzung die §§ 14741481 BGB. Zur Vorbereitung eines Auseinandersetzungsantrags oder einer Vereinbarung, ist es sinnvoll, in sechs Schritten vorzugehen:[1512]

1. Schritt: Ermittlung und Bewertung des Gesamtguts.
2. Schritt: Berichtigung von Gesamtgutsverbindlichkeiten (§ 1475 BGB).
3. Schritt: Ausübung des Übernahmerechts (§ 1477 BGB) und Geltendmachung von Ersatzansprüchen (§ 1478 BGB).
4. Schritt: Herstellung der Teilungsreife.
5. Schritt: Feststellung der Teilungsmasse.
6. Schritt: Verteilung des Überschusses.
[1511] BGH FamRZ 1988, 813.
[1512] Vgl. NK-BGB/Völker, § 1475 Rn 3 ff.; Schulz/Hauß, Kap. 2 Rn 1012.

aa) Ermittlung und Bewertung des Gesamtguts (erster Schritt)

 

Rz. 1374

Zunächst sollte ein Überblick über den Bestand des Gesamtguts geschaffen werden. Dazu ist eine Auseinandersetzungsbilanz anzufertigen, die – unterteilt nach Aktiva und Passiva – sämtliche Vermögenswerte enthält. Das Bestandsverzeichnis ist bei Bestandsveränderungen fortzuschreiben.[1513]

 

Rz. 1375

Zum Umfang der Aktiva kann der Vermögensbegriff der Zugewinngemeinschaft herangezogen werden, zuzüglich eventueller Bestandsveränderungen nach § 1473 BGB. Zu den Aktiva gehören insbesondere Ansprüche des Gesamtguts gegen die einzelnen Ehegatten, beispielsweise aus § 1441 BGB oder § 1463 BGB.

 

Rz. 1376

Zu den Passiva gehören die fälligen und unstreitigen Gesamtgutsverbindlichkeiten (§§ 1437 ff., 1459 f. BGB) und etwaige neue Verbindlichkeiten. Neue Verbindlichkeiten können im Liquidationsstadium nur entstehen, wenn sie von den Ehegatten vereinbarungsgemäß als Gesamtgutsverbindlichkeiten begründet wurden.[1514]

 

Rz. 1377

Am Stichtag bestehende Steuerschulden sind bei den Passiva zu berücksichtigen, Steuererstattungsansprüche bei den Aktiva.[1515]

 

Rz. 1378

Zudem sollte bezüglich aller Positionen ein Wert angegeben werden. Dabei ist auf den Verkehrswert abzustellen.[1516] Bezüglich des Umfangs und der Wertermittlung gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Zugewinngemeinschaft. Bei der Bewertung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe ist die Regelung des § 1376 Abs. 4 BGB, nach der solche Betriebe bei der Berechnung des Anfangsvermögens und des Endvermögens im Rahmen des Zugewinnausgleichs mit dem Ertragswert anzusetzen sind, jedoch nicht – auch nicht analog – anwendbar.[1517] Auch insoweit richtet sich die Bewertung nach dem Verkehrswert.[1518]

 

Rz. 1379

Bezüglich des Stichtags der einzelnen Vermögenspositionen gibt es keine gesetzliche Regelung. Daher sollten die Eheleute einen Stichtag vereinbaren. Sinnvollerweise wird häufig auf den Tag der Beendigung der Gütergemeinschaft, und damit also regelmäßig auf die Rechtskraft der Scheidung, abgestellt. Es ist empfehlenswert, auch im Rahmen der Bewertung des Wertersatzes nach § 1477 Abs. 2 BGB und nach § 1478 Abs. 1 BGB diesen Zeitpunkt heranzuziehen. Wird keine Vereinbarung getroffen, ist bezüglich des Wertes auf den Tag abzustellen, an dem die Gütergemeinschaft endgültig auseinander gesetzt ist. Dabei wird auf den Zeitpunkt abgestellt, an dem sämtliche erforderlichen Übertragungsakte dinglich vollzogen sind.[1519] Bei Grundstücken ist dies der Tag der Grundbuchumschreibung,[1520] bei Handelsunternehmen der Vollzug sämtlicher dinglicher Übertragungsakte.[1521]

 

Rz. 1380

Erfolgt die Auseinandersetzung erst lange Zeit nach der Scheidung, kann auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgestellt werden, wenn der Tatrichter davon überzeugt ist, dass sich bis zur Übernahme an dem Wert nichts mehr ändern wird.[1522]

 

Rz. 1381

Oftmals wird zur Erstellung des Bestandsverzeichnisses ein Anspruch auf Auskunft gegen den anderen Ehegatten geltend gemacht werden müssen. Dieser Anspruch kann im Scheidungsverbund beantragt werden.[1523]

 

Rz. 1382

In der Folgezeit sollten Bestandsveränderungen nach § 1473 BGB in dem Verzeichnis immer vermerkt werden.

[1513] Schulz/Hauß, Kap. 2 Rn 1013.
[1514] OLG München FamRZ 1996, 290.
[1515] Schulz/Hauß, Kap. 2 Rn 1013.
[1516] BGH FamRZ 1986, 776, 779.
[1517] BGH FamRZ 1986, 776, 779.
[1518] BGH FamRZ 1986, 776, 779 – auch zur Bewertung eines landwirtschaftlichen Betriebs in diesem Rahmen; siehe dazu auch: Schröder/Bergschneider/Klüber, Rn 4.708 ff.
[1519] BGH FamRZ 1986, 776, 777.
[1520] BGH FamRZ 1986, 42; 1986, 776, 777.
[1521] BGH FamRZ 1984, 256.
[1522] Vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 1982, 286, 288.
[1523] Schulz/Hauß, Kap. 2 Rn 1013.

bb) Berichtigung von Gesamtgutsverbindlichkeiten (zweiter Schritt)

 

Rz. 1383

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