aa) Gesetzliche Vorgabe in § 1376 BGB

 

Rz. 243

In § 1376 BGB regelt das Gesetz die Bewertung von Vermögensgegenständen, die dem Anfangs- und Endvermögen eines Ehegatten unterfallen. Dabei trifft das Gesetz mit Ausnahme hinsichtlich der landwirtschaftlichen Betriebe gemäß § 1376 Abs. 4 BGB keine Regelung, wie die Vermögenswerte zu bewerten sind. Der Rechtsbegriff des "Wertes" in § 1376 BGB ist unbestimmt und von der Rechtsprechung zu konkretisieren. Die höchstrichterliche Rechtsprechung konkretisiert die gesetzliche Regelung dahin, dass der "volle", der "wahre", der "Verkehrswert" anzusetzen ist.[348]

Das Gesetz enthält mit Ausnahme von § 1376 Abs. 4 BGB keine Regelung, nach welcher Methode eine Bewertung stattfinden soll. Da das Gesetz die Art und Weise der Bewertung nicht vorgibt, hat die Auswahl einer geeigneten Bewertungsmethode durch den sachverständig beratenen Tatrichter sachverhaltspezifisch zu erfolgen.[349] Es handelt sich bei der tatrichterlichen Bewertung letztlich um eine Schätzung im Rahmen des § 287 Abs. 2 ZPO, die nach allgemeinen Grundsätzen der Rechtsprechung des BGH vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden kann, ob sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder sonst auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht.[350]

 

Rz. 244

 

Praxistipp

Da der Tatrichter dem Sachverständigen mit seiner Beauftragung infolge des Beweisbeschlusses die Bewertungsmethode bereits vorgeben muss, sollte der Rechtsanwalt aus Haftungsgründen in seinem Sachvortrag bereits eine geeignete Bewertungsmethode darlegen und zur Auswahl des Gerichts dazu umfassend Stellung nehmen. Die verschiedenen Bewertungsmethoden führen nämlich meist zu unterschiedliche Bewertungsergebnissen. Der Rechtsanwalt hat damit die Verpflichtung, für seinen Mandanten anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH die geeignete und für ihn günstigste Bewertungsmethode dem Gericht vorzustellen. Das Gericht handelt nämlich rechtsfehlerhaft, wenn es dem Sachverständigen die Auswahl der Bewertungsmethode überlässt und diese nicht schon im Beweisbeschluss vorgibt.

Um nicht von seinem Mandanten in die Haftung genommen werden zu können, ist daher unausweichlich, dass der Rechtsanwalt im Familienrecht fundierte Grundlagenkenntnisse über die zur Verfügung stehenden Bewertungsmethoden und deren Auswirkungen auf das Bewertungsergebnis hat, um das Gericht auf die geeignete Bewertungsmethode hinweisen und das Sachverständigengutachten überprüfen zu können.

bb) Wertbegriffe und Methoden der Wertermittlung im gesetzlichen Güterstand des Zugewinnausgleichs

 

Rz. 245

Für die Wertermittlung eines Vermögensgegenstandes kann bei vereinfachter Darstellung grundsätzlich auf die folgenden drei Formen der Wertermittlung abgestellt werden:

Veräußerung
Wiederbeschaffung
Ertrag
 

Rz. 246

Dabei ist für die Wertermittlung die vorstehende Reihenfolge zu beachten. So ist in Regel vom zuerst genannten Veräußerungserlös auszugehen, wobei allerdings meist in nahem zeitlichem Abstand zum Stichtag des Zugewinnausgleichs keine Veräußerung stattfindet. Nur bei einem sogenannten "stichtagsnahen Veräußerungspreis"[351] ist der Wertansatz des Veräußerungspreises von Bedeutung.

Wenn der Veräußerungserlös als Wertermittlung mangels Stichtagsnähe somit nicht in Betracht kommt, ist der Wiederbeschaffungspreis anzusetzen. Und wenn der Wert des Vermögensgegenstandes in seiner weiteren Nutzung besteht, ist der Ertragswert maßgeblich. Zudem besteht auch noch die Möglichkeit, zwei unterschiedliche Bewertungsmethoden zur Bildung eines Mittelwertes zu kombinieren.

 

Rz. 247

Unter die drei Grundformen lassen sich die folgenden Wertbegriffe in tabellarischer Systematik[352] ordnen:

Wertbegriffe

 
Veräußerungswert   Wiederbeschaffungswert   Ertragswert
Verkaufspreis   Anschaffungswert   Nutzungswert
Liquidationswert   Reproduktionswert    
Zerschlagungswert    Substanzwert    
    Sachwert     
Goodwill: immanent   Goodwill: kumulativ   Goodwill: immanent
      Mittelwert  
 

Rz. 248

Die nachfolgende alphabetische Übersicht (Bewertungs–ABC) über einzelne Bewertungsbegriffe mag dem Rechtsanwalt eine gewisse Hilfestellung innerhalb der verschiedenen Methoden der Wertermittlung bieten:

Anschaffungswert

Der Anschaffungswert richtet sich grundsätzlich nach dem Wiederbeschaffungswert eines gleichwertigen, gebrauchten Vermög...

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