Rz. 277

Bei der Bewertung des objektivierten Unternehmenswerts ist die Ausschüttung derjenigen finanziellen Überschüsse anzusetzen, die nach Berücksichtigung des zum Bewertungsstichtag dokumentierten Unternehmenskonzepts und rechtlicher Restriktionen (z.B. Bilanzgewinn) zur Ausschüttung zur Verfügung stehen.[458]

 

Rz. 278

Für die Ermittlung der Ausschüttungsquote in der Detailplanungsphase sind die in den Unternehmensplanungen angesetzten Ausschüttungen und Thesaurierungen anhand des Unternehmenskonzepts und unter Berücksichtigung der Eigenkapitalausstattung des zu bewertenden Unternehmens, steuerliche Rahmenbedingungen sowie der Ausschüttungspolitik in der Vergangenheit zu plausibilisieren.[459]

Wenn die Ausschüttungsannahmen plausibel sind, ist der Unternehmensplanung zu folgen.[460]

 

Rz. 279

Wenn hingegen zur Ausschüttungspolitik keine konkreten oder plausiblen Planungen des Unternehmens vorliegen, sind, wie es auch für viele Bewertungsparameter bei der Ermittlung objektivierter Unternehmenswerte gängige Praxis ist, vereinfachende Annahmen hinsichtlich der Ausschüttungsquoten zu treffen.[461]

 

Rz. 280

Die künftige Ausschüttungsquote ist entweder unter Berücksichtigung der Eigenkapitalausstattung des zu bewertenden Unternehmens, steuerlicher Rahmenbedingungen sowie der vergangenen Investitions- und Ausschüttungspolitik zu prognostizieren, oder es ist hilfsweise der pauschale Ansatz einer einheitlichen Ausschüttungsquote für Planungszeitraum und ewige Rente anzusetzen.[462]

 

Rz. 281

Zur Ermittlung der Ausschüttungsquote im Rahmen der zweiten Planungsphase (ewige Rente) wird grundsätzlich typisierend angenommen, dass die Ausschüttungspolitik des zu bewertenden Unternehmens äquivalent zum Ausschüttungsverhalten der in der Alternativanlage erfassten Unternehmen ist, sofern nicht Besonderheiten der Branche, Kapitalstruktur oder rechtliche Rahmenbedingungen dem entgegenstehen.[463]

 

Rz. 282

Für die thesaurierten Beträge wird eine kapitalwertneutrale Verwendung angenommen.[464]

 

Rz. 283

Die Ausschüttungsquote für den Prognosezeitraum der ewigen Rente ist unter Rückgriff auf Marktausschüttungsquoten der Alternativanlage, d.h. der durchschnittlichen Ausschüttungsquoten einer Peer-Group, zugrunde zu legen.

 

Rz. 284

Im Vergleich zu älteren Bewertungsstandards, die noch von einer Vollausschüttungsannahme ausgingen, sind in Abhängigkeit vom zugrunde gelegten Marktindex plausible Ausschüttungsquoten zwischen 40 % und 60 % empirisch ermittelt worden.[465]

 

Rz. 285

Neben einer Analyse einer Peer – Group kann es für die Bestimmung der Ausschüttungsquote weiterhin sachgerecht sein, das Unternehmenskonzept und weitere Prämissen, z.B. die zukünftige Wachstumsstrategie, zu berücksichtigen.[466]

 

Rz. 286

Mit Einführung der Abgeltungsteuer zum 1.1.2009 änderte sich das bis dahin gültige Steuerrecht, wonach unter Berücksichtigung des einkommensteuerlichen Halbeinkünfteverfahrens die Aufteilung des Jahresüberschusses in den mit hälftiger typisierter Einkommensteuer zu belastenden Wertbeitrag aus Dividenden und den steuerfreien Wertbeitrag aus Thesaurierung erfolgte.[467] Die Wertbeiträge aus der Thesaurierung unterliegen jetzt einer effektiven Veräußerungsgewinnbesteuerung, die aber nur mit 50 % der Dividendenbesteuerung angerechnet werden.[468]

Die typisierte Annahme einer effektiven Kursgewinnsteuer in Höhe von 13,19 % als hälftigem nominellen Abgeltungssteuersatz (12,5 %) zuzüglich Solidaritätszuschlag (5,5 %) auf 12,5 % erscheint sachgerecht.[469]

 

Rz. 287

Es ist darauf zu achten, dass der neutrale Gutachter bei der Bestimmung der Ausschüttungsquote die gleiche Sorgfalt wie für die Bestimmung der ansonsten relevanten Bewertungsparameter verwendet. Eine hieraus resultierende Forderung nach der Rückkehr zur Vollausschüttungsannahme ist nicht sachgerecht, da eine vom realen Ausschüttungsverhalten des zu bewertenden Unternehmens abweichende fiktive Vollausschüttung unter den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des aktuellen Steuerrechts meist steuerlich unvorteilhaft für den Anteilseigner ist.

 

Rz. 288

Die Unternehmenssteuerreform in 2008 beabsichtigte das Ziel der Rechtsformneutralität (Belastungsneutralität) und führte zu einer Annäherung der Besteuerung zwischen Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften, so dass in der Literatur bereits der Vorschlag unterbreitet wurde, bei der Unternehmensbewertung die Steuer wie bei der Kapitalgesellschaft fiktiv genauso auch bei Personengesellschaften anzurechnen.[470]

[458] IDW S1, Rn 35.
[459] IDW S1, Rn 36.
[460] Wagner/Jonas/Ballwieser/Tschöpel, Unternehmensbewertung in der Praxis, WPg 2004, S. 895.
[461] Wagner/Jonas/Ballwieser/Tschöpel, Unternehmensbewertung in der Praxis, WPg 2006, 1005, 1009.
[462] Wagner/Jonas/Ballwieser/Tschöpel, WPg 2004, S. 895.
[463] IDW S1, Rn 37.
[464] IDW S1, Rn 37.
[465] IDW S1 2005, Rn 44; Wagner/Jonas/Ballwieser/Tschöpel, WPg 2006, 1005, 1009.
[466] Wagner/Jonas/Ballwieser/Tschöpel, WPg 2006, 1005, 1009.
[467] Zeidler/Schöninger/Tschöpel, Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform 200...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge