Rz. 950

Der ausgleichsberechtigte Ehegatte kann vorzeitigen Zugewinnausgleich geltend machen, wenn die drei Tatbestände des § 1385 Nr. 3 BGB erfüllt sind:

die objektive, längerdauernde Nichterfüllung wirtschaftlicher Verpflichtungen, die sich aus dem ehelichen Verhältnis ergeben,
ein schuldhaftes Verhalten des Leistungsschuldners und
wenn die Erwartung auch zukünftig in schuldhaft pflichtwidrigem Verhalten festgestellt wird.
 

Rz. 951

§ 1385 Nr. 3 BGB entspricht § 1386, Abs. 3 BGB a.F. Das Reformgesetzt hat die Norm unverändert übernommen, obwohl in der Literatur insoweit Verbesserungen vorgeschlagen wurden, als man § 1385 Nr. 3 BGB als Gefährdungstatbestand ausgestalten sollte, um nicht erst die Vollendung der Handlung abwarten zu müssen.[1158]

 

Rz. 952

Zu den hier tatbestandlich erfassten beiderseitigen Pflichterfüllungen im ökonomischen Bereich zählen insbesondere die Unterhaltspflichten nach §§ 1360 ff., 1361 und 1601 ff. BGB, die Pflicht zur Besorgung des ehelichen Haushalts im Rahmen der zwischen den Eheleuten getroffenen einvernehmlichen Regelung, sowie die aus § 1353 BGB abgeleiteten Pflichten wirtschaftlichen Inhalts.

 

Rz. 953

Der Begriff Nichterfüllung erfasst nach herrschender Meinung alle Formen der pflichtwidrigen Erledigung, also auch die nur unregelmäßige, nur partielle, oder nur intermittierende Erfüllung.[1159]

 

Rz. 954

Erforderlich ist, dass das pflichtwidrige Verhalten eine längere Zeit angedauert hat. Für die Bemessung des Zeitraums ist die Dauer der Ehe einerseits und die Schwere der Pflichtverletzung andererseits in Betracht zu ziehen. Je schwerer die Pflichtverletzung wiegt, desto weniger lang muss sie angedauert haben.[1160]

 

Rz. 955

Hinsichtlich des Verschuldensmaßstabs in § 1385 Nr. 3 BGB findet selbiger des § 1359 BGB Anwendung.

 

Rz. 956

Zur Klärung der Frage, ob eine Änderung des Verhaltens in der Zukunft erwartet werden kann, ist eine Prognose als ein Grad der Wahrscheinlichkeit notwendig, der mit der konkreten Möglichkeit einer Fortsetzung des pflichtwidrigen Tuns noch nicht erreicht ist.[1161] Notwendig ist die auf Fakten gegründete Annahme, dass die Fortführung des pflichtwidrigen Verhaltens wahrscheinlicher ist als eine Verhaltensänderung im positiven Sinne.

[1158] Kogel, FF 2008, 185, 189.
[1159] Müko/Koch, §§ 1385, 1386 Rn 22.
[1160] FAKommFamR/Weinreich, § 1385 Rn 15.
[1161] OLG Brandenburg FamRZ 2008, 1441: danach reicht "Misstrauen" nicht aus.

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