Rz. 582

Grundsätzlich kann sich kein Beteiligter verpflichten, vor dem Entstehen der Zugewinnausgleichsforderung darüber zu verfügen, § 1378 Abs. 3 S. 3 BGB. Dies gilt sowohl für Vereinbarungen zwischen den Eheleuten als auch mit Dritten.[848] Vereinbarungen über Zugewinnausgleichsansprüche, insbesondere Abtretungen von Zugewinnausgleichsansprüchen vor der Beendigung des Güterstandes durch rechtskräftige Ehescheidung sind nichtig. Der Verzicht auf Zugewinnausgleichsansprüche vor dem Entstehen des Anspruchs ist ebenfalls nichtig.

 

Rz. 583

Auch eine Abtretung der Zugewinnausgleichsforderung unter der aufschiebenden Bedingung der Rechtskraft der Entscheidung über die Beendigung der Ehe ist nichtig.[849] Das Gesetz will diese Ausgleichsforderung vor ihrer Entstehung dem Rechtsverkehr mit Dritten gänzlich entziehen.[850] Dies dient dem Schutz der Beteiligten vor übereilten oder unbedachten Handlungen, die sie wirtschaftlich schädigen könnten. Würde der Ausgleichsberechtigte seine Ausgleichsforderung vor deren Entstehung an einen Dritten abtreten, hätte der Dritte auch ein Interesse an einer "schnellen" Ehescheidung, um den abgetretenen Anspruch fällig werden zu lassen. Die Beteiligten sollen insoweit auch vor solchem Druck Dritter geschützt werden. § 1378 Abs. 3 S. 3 BGB stellt ein absolutes gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB auf.[851]

 

Rz. 584

Eine erste Ausnahme regelt § 1378 Abs. 3 S. 2 BGB: wirksam ist eine Vereinbarung zwischen den Eheleuten über den Zugewinnausgleich während des Verfahrens über die Auflösung der Ehe für den Fall der Eheauflösung. Voraussetzung dafür ist, dass die Vereinbarung notariell beurkundet oder in einem gerichtlichen Vergleich protokolliert ist. Der gerichtliche Vergleich muss dabei in einem Verfahren in Ehesachen vor dem Prozessgericht abgeschlossen werden. Ehesachen sind Verfahren auf Ehescheidung, Aufhebung der Ehe und auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Beteiligten, § 121 FamFG. Prozessgericht ist dabei das örtlich zuständige Familiengericht. Eine Vereinbarung zu gerichtlichem Protokoll außerhalb einer Ehesache, z.B. in einem Unterhaltsverfahren, ist deshalb unwirksam. Ein Vergleichsabschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO ist insoweit ebenfalls unwirksam.[852]

 

Rz. 585

Eine zweite Ausnahme ergibt sich aus der einschränkenden Auslegung des BGH zu § 1378 Abs. 3 S. 3 BGB: auch Eheverträge, die vor Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens abgeschlossen werden und eine Vereinbarung über den Zugewinnausgleich für eine beabsichtigte Scheidung enthalten, sind wirksam, wenn die Form des § 1878 Abs. 3 S. 2 BGB eingehalten wird.[853]

 

Rz. 586

Darüber hinaus ist immer eine Vereinbarung im Rahmen eine Ehevertrages gem. § 1410 BGB möglich. Die Eheleute können nach § 1408 Abs. 1 BGB ihre güterrechtlichen Verhältnisse regeln. Dazu gehört, den Zugewinn ganz oder teilweise auszuschließen, eine andere Quote als gesetzlich vorgesehen zu vereinbaren oder eine andere Art der Teilung sowie andere Abweichungen von der gesetzlichen Regelung vorzunehmen. Die Herausnahme einzelner Vermögensgegenstände und Erträge aus dem Zugewinn ist möglich.[854]

 

Rz. 587

Ab Rechtskraft der Ehescheidung können die Beteiligten Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte über die Ausgleichsforderung formlos und ohne güterrechtliche Beschränkungen treffen. Dies gilt sowohl für Vereinbarungen zwischen den Beteiligten als auch für Vereinbarungen mit Dritten.

 

Rz. 588

 

Praxistipps

1. Eine notarielle Vereinbarung (Ehevertrag, Trennungsvereinbarung, Scheidungsfolgenvereinbarung) zwischen den Eheleuten vor Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags zum Güterrecht ist auch wirksam, wenn eine Verpflichtung/Verfügung über die Zugewinnausgleichsforderung enthalten ist.

Eine notarielle Vereinbarung ab Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ist auch wirksam, wenn sie Verpflichtungen/Verfügungen zu Zugewinnausgleichsforderungen enthält.

2. Eine gerichtlich protokollierte Vereinbarung in einem Verfahren in Ehesachen vor dem zuständigen Familiengericht ab Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ist auch wirksam, wenn sie Verpflichtungen/Verfügungen zur Zugewinnausgleichsforderung enthält. Diese Vergleichsabschlüsse dürfen nicht im schriftlichen Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO abgeschlossen werden. Diese Vergleichsabschlüsse müssen in einem Verfahren in Ehesachen vor dem Prozessgericht geschlossen werden.

3. Ab Rechtskraft des Scheidungsausspruchs sind alle Vereinbarungen – auch mit Dritten –, unabhängig von der Form zur Zugewinnausgleichsforderung wirksam.

[848] BGH FamRZ 2004, 1353 – 1354; FamRB 2004, 383; NJW-RR 2004, 1369 – 1370.
[849] BGH FamRZ 2008, 1435 – 1437.
[850] BGHZ 86, 143 – 152; NJW 1983, 753 – 755.
[851] BGH FamRZ 2008, 1435 – 1437.
[853] BGHZ 86, 143 – 152; NJW 1983, 753 – 755; FamRZ 1983, 157 – 160.
[854] BGH FamRZ 1997, 800 – 804.

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