Rz. 538

Gemäß § 1375 Abs. 1 S. 1 BGB ist Endvermögen das Vermögen, welches einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstandes gehört. Es stellt den anderen Rechnungsfaktor dar, der zur Errechnung des Zugewinns gemäß § 1373 BGB erforderlich ist. Zum Endvermögen zählen – wie beim Anfangsvermögen – alle rechtlich geschützten Positionen von wirtschaftlichem Wert, mithin neben den den Ehegatten gehörenden Sachen alle ihnen zustehenden objektiv bewertbaren Rechte, die am Stichtag bereits entstanden sind.[778] Ebenso wie beim Anfangsvermögen sind die einzelnen Vermögensgegenstände nur Rechnungsposten des Endvermögens, und stellen kein Sondervermögen dar.[779]

 

Rz. 539

Nach § 1375 Abs. 2 BGB werden dem am maßgeblichen Stichtag noch bestehendem Endvermögen gegebenenfalls noch die Beträge hinzugerechnet, um die das Vermögen eines Ehegatten zuvor illoyal vermindert worden ist. Der hinzuzurechnende Betrag ist zum Ausgleich von Kaufkraftveränderungen nach den zum Anfangsvermögen entwickelten Grundsätzen hochzurechnen.[780]

 

Rz. 540

Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrecht am 1.9.2009 ist neben einem negativen Anfangsvermögen auch ein negatives Endvermögen möglich. Während nach früherer Rechtslage Verbindlichkeiten gemäß § 1375 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. nur bis zur Höhe des Vermögens abgezogen werden konnten, sind nunmehr nach § 1375 Abs. 1 S. 2 Verbindlichkeiten auch über die Höhe des Vermögens hinaus abzuziehen. Demnach gibt es zwar ein negatives Anfangs- sowie Endvermögen, aber weiterhin keinen negativen Zugewinn. Der Zugewinn ist nämlich nach § 1373 BGB der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt. Der Rechnungsposten Zugewinn kann niemals mit einem negativen Wert in die Ausgleichsbilanz eingestellt werden.[781] Wenn das Endvermögen geringer ist als das Anfangsvermögen, ist der Zugewinn mit "Null" anzusetzen, denn die Zugewinngemeinschaft ist keine Verlustgemeinschaft.

 

Rz. 541

Aufgrund der Rechtslage nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrecht, wonach das Anfangs- sowie das Endvermögen nunmehr auch negativ sein können, ist ein Zugewinn auch durch bloße Reduzierung von Schulden möglich. Hierbei ist allerdings die Vorschrift des § 1378 Abs. 2 S. 1 BGB zu beachten. § 1378 Abs. 2 S. 1 BGB bestimmt nämlich, dass die Höhe der Ausgleichsforderung durch den Wert des Vermögens begrenzt wird, das nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung des Güterstandes vorhanden ist. Ein Ehegatte ist demnach, selbst wenn er durch Reduzierung von Schulden einen Zugewinn erlangt hat, nicht ausgleichspflichtig, wenn er über kein positives Endvermögen verfügt.

 

Rz. 542

Die Ehegatten können gemäß den §§ 1408, 1410 BGB durch formgebundenen Ehevertrag auch die Bestimmung des Endvermögens in den Grenzen des § 138 BGB abweichend vom Gesetz regeln. Das Endvermögen kann beispielsweise durch Herausnahme gewisser Vermögenskomplexe oder einzelner Vermögensgegenstände und Erträge anders bestimmt werden.[782] Auch der Stichtag kann abweichend von § 1384 BGB vertraglich unter Berücksichtigung des Formzwanges nach den §§ 1408, 1410 BGB von den Ehegatten festgesetzt werden.[783] Die Regelung des § 1375 Abs. 2 BGB ist allerdings nicht abdingbar.[784] Keiner der Ehegatten soll nämlich die Möglichkeit haben, sich seines Schutzes vor Benachteiligung durch den anderen Ehegatten zu entledigen, die mit der Vorschrift des § 1375 Abs. 2 BGB gewahrt wird.

[778] BGH v. 14.1.1981 – IVb ZR 525/80, FamRZ 1981, 239; BGH v. 29.10.1981 – IX ZR 86/80, FamRZ 1982, 147.
[780] Palandt/Brudermüller, § 1375 Rn 23.
[781] Haußleiter/Schulz, Kap. 1 Rn 78.
[783] MüKo-BGB/Koch, § 1384 Rn 11.
[784] Palandt/Brudermüller, § 1375 Rn 22.

a) Stichtag für die Berechnung und Höhe des Endvermögens

 

Rz. 543

Nach dem Wortlaut des § 1375 Abs. 1 S. 1 BGB ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung und Höhe des Endvermögens die Beendigung des Güterstandes. Der gesetzliche Güterstand wird grundsätzlich entweder durch Auflösung der Ehe, in der Regel im Wege der Ehescheidung, oder durch den Tod eines Ehegatten beendet.[785] Abweichend von der allgemeinen Regel des § 1375 Abs. 1 S. 1 BGB gilt allerdings in den Fällen, in denen der Güterstand durch Scheidung der Ehe beendet wird, § 1384 BGB. Die Vorschrift des § 1384 BGB verlegt den Stichtag für die Berechnung des Zugewinns sowie für die Höhe der Ausgleichsforderung bei Ehescheidung auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages vor. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Eheleute gehindert werden sollen, ihren bisherigen Zugewinn im Hinblick auf die bevorstehende Ausgleichung planmäßig zu verschleiern oder zu vermindern, jedenfalls aber, dass der Zugewinnausgleichsberechtigte vor Nachteilen durch solche Maßnahmen geschützt werden soll.[786]

 

Rz. 544

Nach Rechtshängigkeit des Scheidung...

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