Rz. 10

"Beratung" ist gem. § 34 Abs. 1 S. 1 RVG mit der Erteilung eines mündlichen oder schriftlichen Rates oder einer Auskunft definiert. Unter dem Begriff "Rat" ist die nach Prüfung und Beurteilung einer Rechtssache durch den RA abgegebene Empfehlung zu verstehen, wie sich der Mandant in einer konkreten Situation verhalten möge. Eine Auskunft liegt dann vor, wenn der RA eine allgemeine Frage beantworten soll, ohne dass eine Verbindung mit einer konkreten Rechtssache gegeben ist. Manchmal ist die Unterscheidung nicht ganz einfach, und der Übergang von einer Auskunft zu einem Rat kann fließend sein. Für den Gebührentatbestand des § 34 RVG ist jedoch eine Abgrenzung der beiden Begrifflichkeiten nicht erforderlich, da sowohl bei der Ratserteilung als auch bei der Auskunft eine Beratung vorliegt.

Die Tätigkeit des RA, die als Beratung zu qualifizieren ist, darf nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit im Zusammenhang stehen (§ 34 Abs. 1 S. 1 RVG). Ist der RA im Rahmen einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit, wie z.B. vorgerichtliche Geschäftsbesorgung, gerichtliches Mahnverfahren, Rechtsstreit oder Zwangsvollstreckung betraut, ist der insoweit erforderliche Beratungsbedarf in den Gebühren dieser Tätigkeiten inkludiert und wird nicht gesondert vergütet.

a) Abgrenzung zu anderen Gebührenvorschriften

 

Rz. 11

Zu Abgrenzungsproblemen kann es mitunter im Verhältnis zu anderen Gebührenvorschriften kommen.

 

Rz. 12

 

Hinweis

Sind folgende Kriterien erfüllt, dann ist der Beratungsgebührentatbestand nicht gegeben:

Der Auftrag des Mandanten lautet, dass der RA nach außen hin für ihn tätig wird, auch wenn es zu einer entsprechenden Tätigkeit – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr kommt.
Der mündliche oder schriftliche Austausch zwischen dem RA und einem Dritten geht über reine Informationseinholung hinaus.
Der Auftraggeber möchte zunächst nur beraten werden, erweitert aber dann wegen des für ihn positiven Beratungsergebnisses seinen Auftrag dahin, dass der RA seine Interessen nach außen hin vertritt.
Der Mandant beabsichtigt, den RA mit Tätigkeiten zu beauftragen, die über die Beratung hinausgehen, will aber, bevor dieser Auftrag greift, vom RA wissen, wie die Erfolgsaussichten sind. Der Auftrag zur Beratung ist in diesem Fall bedingungslos; der Auftrag für die Tätigkeit hängt von der eintretenden Bedingung ab, d.h. der Bejahung der Erfolgsaussicht. Tritt die Bedingung ein, wird der Rahmen der Beratung verlassen.
Der Auftraggeber beauftragt den RA mit einer konkreten Tätigkeit, will sich vom RA über die sinnvollste Vorgehensweise beraten lassen.
Der Mandant beauftragt den RA mit dem Entwurf eines Vertrages. Auch wenn eine Tätigkeit nach außen durch die Vertragsgestaltung nicht erfolgt, liegt eine Beratung wegen Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV RVG nicht vor, da für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrages die Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG anwendbar ist.

In all diesen Fällen liegt dann eine Geschäftsbesorgung vor, die einen Rat einschließt, nicht aber eine isolierte Beratung.

 

Rz. 13

Entwirft der RA für seinen Mandanten Mahnschreiben, die der Auftraggeber dann selbst absendet, kann der RA lediglich die Beratung, nicht aber eine Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 oder 2301 VV RVG abrechnen. Das OLG Nürnberg[3] hat in seinem Urteil zutreffend und folgerichtig entschieden, dass dem RA eine Geschäftsgebühr mangels eines vorliegenden Geschäftsbesorgungsauftrages nicht zusteht.

 

Rz. 14

 

Praxishinweis

Wahrscheinlich erlebt jede Anwaltskanzlei das Ansinnen von so manchen potenziellen Mandanten, eine Anwaltsleistung möglichst günstig zu erhalten. Um das zu erreichen, werden mehrere RAe angerufen und/oder besucht, um zu erfragen, auf welchen Betrag sich die Gebühren belaufen würden, wenn der Auftraggeber den RA mit seiner Sache betrauen würde. Um dem Anfragenden die Höhe der Gebühr nennen zu können, muss sich der RA aber erst einmal ein Bild von dem zu lösenden juristischen Problem machen. Der evtl. zukünftige Mandant berichtet – oftmals ausführlich – von der Sachlage und der RA teilt ihm seine Gebührenbedingung mit. Entscheidet sich der interessierte Rechtssuchende dann gegen die Erteilung des Mandats, kann der RA gar keine Gebühr geltend machen, auch keine Beratungsgebühr.[4] Dieser Austausch wird als Beantwortung einer allgemeinen Frage bewertet. Um nicht zu viel kostbare Zeit zu investieren, sollte der RA bemüht sein, das Gespräch zu leiten; und zwar stringent und faktenorientiert. Wenn dem Anrufer/Besucher zu viel Raum gegeben wird, besteht schnell die Gefahr, zu viel Zeit und Gedankengut investiert zu haben, ohne ein Entgelt zu realisieren. Kostenanfragen können ggf. auch schriftlich beantwortet werden, nachdem der Mandant einen Fragebogen ausgefüllt hat. Dies in der konkreten Situation zu beantworten, verlangt nach dem Unternehmer im Rechtsanwalt.

[3] OLG Nürnberg NJW 2011, 621–623 = AGS 2010, 480–483.
[4] Madert, AGS 1996, 82.

b) Form der Beratung

 

Rz. 15

Die Erteilung des Rates oder der Auskunft ist nicht an eine bestimmte Form gebunden. Sie kann schriftlich, mündlich od...

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