Rz. 896

 

Zum Thema

Dahm "Die Bedeutung der vorsätzlichen Straßenverkehrsgefährdung für die Entschädigung eines Wegeunfalles in der gesetzlichen Unfallversicherung" NZV 2014, 114, Jahnke, Unfalltod und Schadenersatz, 2. Aufl. 2012, § 2 Rn 682 ff.

(a) § 8 II SGB VII (§ 31 II BeamtVG)

 

Rz. 897

Nur in den gesetzlich besonders geregelten Fällen des § 8 II SGB VII (für Dienstunfälle gilt § 31 II BeamtVG) besteht Versicherungsschutz auch beim Zurücklegen des mit der nach §§ 2, 3, 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Wegs nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 II Nr. 1 SGB VII, § 31 II BeamtVG): Mit § 8 II SGB VII hat der Gesetzgeber, weil er insoweit ein über die eigentliche berufliche Tätigkeit hinausgehendes soziales Schutzbedürfnis angenommen hat, daher ausgesuchte typische Vorbereitungshandlungen dem Versicherungsschutz unterstellt.[518] Richterrechtlich ist dieser Schutz auf weitere in § 8 II SGB VII nicht bezeichnete Vorbereitungshandlungen erstreckt worden.

 

Rz. 898

Vorbereitungshandlungen[519] sind unfallversichert, wenn sie der eigentlichen versicherten Tätigkeit unmittelbar vorangehen und ihre Durchführung erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen. Sie müssen mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit oder der kraft Gesetzes versicherten Vorbereitungshandlung eng verbunden sein, also in einem besonders engen sachlichen, örtlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen, der die Vorbereitungshandlung nach den Gesamtumständen selbst bereits wie einen Bestandteil der versicherten Tätigkeit erscheinen lässt.[520]

[518] LSG Berlin-Brandenburg v. 3.11.2011 – L 3 U 7/09 – jurisPR-VerkR 16/2012 Anm. 2 (Anm. Jahnke) = UV-Recht Aktuell 2012, 441 = zfs 2012, 295.
[519] Zum Versicherungsschutz bei Tankvorgängen siehe: Jahnke jurisPR-VerkR 16/2012 Anm. 2 mit weiterführenden Rechtsprechungshinweisen; Schlaeger jurisPR-SozR 14/2013, Anm. 1.
[520] BSG v. 12.5.2009 – B 2 U 12/08 R – Breith 2009, 983 = NJW 2010, 1692 = NZA-RR 2010, 258 = NZS 2010, 507, BSG v. 28.4.2004 – B 2 U 26/03 R – HVBG-INFO 2004, 475 = NZS 2005, 491 = SGb 2005, 171; LSG Berlin-Brandenburg v. 3.11.2011 – L 3 U 7/09 – jurisPR-VerkR 16/2012 Anm. 2 (Anm. Jahnke) = UV-Recht Aktuell 2012, 441 = zfs 2012, 295 (Schutz kommt nur in Betracht, wenn die Vorbereitungshandlung mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit oder der kraft Gesetzes versicherten Vorbereitungshandlung (Wegezurücklegung) so eng verbunden ist, dass beide bei natürlicher Betrachtungsweise eine Einheit bilden).

(b) Unterschiedliche Wege

 

Rz. 899

Während die Unterscheidung, ob es sich um einen Arbeitswegeunfall (§ 8 II Nr. 1 SGB VII) oder Betriebswegeunfall (§ 8 I SGB VII) handelt, zwar für das Bestehen des Unfallversicherungsschutzes bedeutungslos (§ 7 I SGB VII) ist, hat diese Differenzierung aber entscheidende Bedeutung für die Freistellung eines Schädigers nach den §§ 104 ff. SGB VII.

 

Rz. 900

Im Sozialversicherungsrecht (für das beamtenrechtliche Dienstrecht gilt Entsprechendes) wird zwischen folgenden Unfallsituationen unterschieden:[521]

Beim Arbeitsunfall (Unfall "bei der Arbeit") (§ 8 I SGB VII) kommen §§ 104 ff. SGB VII zur Anwendung.
Der Arbeitswegeunfall (Arbeitsstättenweg, Unfall auf dem "Weg von/zur Arbeit" [§ 8 II SGB VII]), ergänzt um die versicherten qualifizierten Umwege (§ 8 II Nr. 2 – 5 SGB VII), steht zwar kraft gesetzlicher Anordnung unter Unfallversicherungsschutz, §§ 104 ff. SGB VII greifen aber nicht.
Unfälle auf Wegen können sich auch "bei der Arbeit" ereignen: Der Betriebswegeunfall (§ 8 I SGB VII) ist ein im Betriebsinteresse unternommener Weg, der in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt wird, Teil der versicherten Tätigkeit ist und damit der Betriebsarbeit gleichsteht. §§ 104 ff. SGB VII kommen zur Anwendung.
 

Rz. 901

Die Entscheidung des UVT im Bereich der Beitragsbemessung (§ 162 SGB VII), ob es sich um einen Unfall entweder nach § 8 I SGB VII (Betriebsweg) oder nach § 8 II 1 SGB VII handelt, hat nur Relevanz für die Unternehmerbeitragsberechnung (Malus) und ist für die Beurteilung des Haftungsausschluss nicht bindend.[522]

 

Rz. 902

Wegeunfall und gesetzlicher Unfallversicherungsschutz

[521] Jahnke, Unfalltod und Schadenersatz, § 2 Rn 682 ff.; LAG Rheinland-Pfalz v. 2.10.2012 – 3 Sa 272/12 – DV 2013, 31 (Nichtzulassungsbeschwerde verworfen BAG v. 27.2.2013 – 8 AZN 2514/12 –); OLG Dresden v. 24.7.2013 – 7 U 2032/12 – MDR 2013, 1289 = NZV 2014, 125 = r+s 2013, 628.
[522] Leube "Gesetzliche Unfallversicherung: Haftung und Haftungsbeschränkung bei Wegeunfällen mit besonderer Berücksichtigung der Schule" VersR 2001, 1215 (zu VII.2); BeckOK-Sozialrecht-Stelljes, Stand 1.3.2013, § 108 SGB VII Rn 19; Kasseler Kommentar-Ricke, 72. EL 2011, § 108 SGB VII Rn 7. Offengelassen von OLG Zweibrücken v. 4.7.2001 – 1 U 64/01 – HVBG-INFO 2002, 2186 = SP 2002, 127.

(c) Arbeitswegeunfall

 

Rz. 903

Versichert ist nach § 8 II SGB VII (ebenso § 31 II BeamtVG) der Weg zwischen dem Ort der versicherten Tätigkeit und dem häuslichen Wirkungskreis.

(aa) Direkter Weg

 

Rz. 904

Versicherungsschutz besteht für den unmittelbaren und direkten Weg zwischen Wohnung[523] und A...

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