Rz. 241

Über den auf Verträge über den gesetzlichen Erbteil oder den Pflichtteil beschränkten Wortlaut des § 311b Abs. 5 BGB hinaus lässt dieser nach einer – mit Hinblick auf den Normzweck des § 311b Abs. 5 BGB, eine vorzeitige Auseinandersetzung unter künftigen gesetzlichen Erben zu ermöglichen – Literaturansicht jede Art von Verpflichtungen über Verfügungen zu, die sich im quantitativen Rahmen des gesetzlichen Erbrechts des sich verpflichtenden künftigen gesetzlichen Erben halten, auch wenn sie testamentarische Erbteile oder Vermächtnisse zum Gegenstand haben.[184] Der BGH hat dies bislang nur im Hinblick auf die testamentarische Erbfolge im vorgenannten Sinne entschieden.[185]

 

Rz. 242

Die Praxis hat die Rechtsprechung zur betragsmäßigen Grenze zugrunde zu legen und ihre Einhaltung ggf. durch zusätzliche interne Ausgleichsverpflichtungen sicherzustellen.

Zulässiger Gegenstand eines Erbschaftsvertrags können insbesondere folgende Verpflichtungen sein:[186]

vollständige oder teilweise Abtretung des gesetzlichen Erb- oder Pflichtteils, z.B. als vorweggenommenes Ausscheiden eines künftigen Miterben aus der Erbengemeinschaft oder zum Zwecke einer Gleichstellung der Erben oder, höhenmäßig auf den gesetzlichen Erbteil begrenzt, eines letztwillig zugewandten Erbteils oder (str.) Vermächtnisses;
Ausübung erbrechtlicher Gestaltungsrechte wie Annahme/Ausschlagung der Erbschaft, (Nicht-)Geltendmachung des Pflichtteils, ggf. gegenständlich oder auf Pflichtteilsergänzungsansprüche beschränkt – praktisch zur Flankierung eines im Übertragungsvertrag von allen Erwerbern abgegebenen Pflichtteilsverzichts bedeutsam, damit die Erwerber sich gegenseitig dagegen absichern, dass einer von ihnen den Verzicht durch Aufhebungsvertrag mit dem Erblasser rückgängig macht;[187]
Ausgleichungs- und Anrechnungsverträge i.S.v. §§ 2050 ff., 2315 ff. BGB;[188]
Verträge über einzelne Nachlassgegenstände.
 

Hinweis

§ 311b Abs. 5 BGB lässt nur schuldrechtliche Verträge zu. Verfügungen sind vor dem Erbfall nur über den Pflichtteil zulässig.[189] Zur Absicherung der schuldrechtlichen Ansprüche empfiehlt sich in der Praxis eine unwiderrufliche Vollmacht zur Erfüllung.[190]

[184] Grüneberg/Grüneberg, § 311b Rn 74; Limmer, DNotZ 1998, 927, 936; Wiedemann, NJW 1968, 769, 771; Henssler, RNotZ 2010, 221, 234.
[185] BGH FamRZ 1995, 226 = NJW 1995, 448 = ZEV 1995, 142; LG Bonn BeckRS 2011, 12737, unter I.3. der Gründe.
[186] Limmer, DNotZ 1998, 927.
[187] Henssler, RNotZ 2010, 221, 232.
[188] LG Bonn BeckRS 2011, 12737; J. Mayer, ZEV 1996, 441, 444.
[189] BGHZ 104, 279 = FamRZ 1988, 1041 = NJW 1988, 2726.
[190] Henssler, RNotZ 2010, 221, 238.

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