Rz. 30

Der Verwender muss der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschaffen, in zumutbarer Weise – die auch eine körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei berücksichtigt – vom Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (selbst wenn diese gebräuchlich oder veröffentlicht sind)[85] Kenntnis zu nehmen[86] (wobei ein Hinweis, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen könnten im Buchhandel erworben werden, unzureichend ist).[87]

Eine wirksame vertragliche Einbeziehung der AVBGasV in einen Gaslieferungsvertrag setzt – in Übereinstimmung mit § 305 Abs. 2 BGB – unter anderem voraus, dass der Verwender der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise von dem Inhalt der einzubeziehenden Bedingungen Kenntnis zu nehmen.[88] Dazu ist es erforderlich, dass der Text der AVBGasV mit den Vertragsunterlagen dem Kunden zugesandt wird.

 

Rz. 31

 

Beachte

Über § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB hinausgehende Informationspflichten des Verwenders – bspw. nach § 312 lit. c Abs. 2 BGB, §§ 1 bis 3 BGB-InfoVO a.F. (§ 312d BGB i.V.m. Art. 246a EGBGB) – sind nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für eine AGB-Einbeziehung[89] (vermögen ggf., sofern sie missachtet werden, aber einen Schadensersatzanspruch wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung [§ 280 Abs. 1 i.V.m. §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB – Verschulden bei Vertragsschluss] zu begründen).[90]

 

Rz. 32

Das OLG Hamburg[91] hat noch unter dem Regime des alten Verbraucherrechts entschieden, dass wenn beim Internetversandhandel (bspw. im Rahmen einer eBay-Auktion) der Verbraucher über sein Widerrufsrecht (§§ 312 lit. d Abs. 1, 355 BGB, nunmehr § 312 lit. g Abs. 1 BGB) erst nach Vertragsschluss informiert wird, weil die betreffende AGB-Bestimmung zuvor nur zum Download (auf der sog. "Mich-Seite") bereitgehalten, aber die Widerrufsbelehrung nicht verkörpert übermittelt wird (i.S.d. Schriftformerfordernisses nach § 126 lit. b BGB), und fehlt in der Widerrufsbelehrung dann eine Angabe der maßgeblichen Widerrufsfrist von einem Monat (§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB aF – nach Art. 1 Nr. 7b des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht [RegE, BT-Dr. 16/11643 – fortan: GUV] – § 355 Abs. 2 S. 1 BGB neu – beträgt die Widerrufsfrist 14 Tage, wenn dem Verbraucher spätestens bei Vertragsschluss eine den Anforderungen des § 360 Abs. 1 BGB a.F. entsprechende Widerrufsbelehrung in Textform mitgeteilt wird), so verstößt das gegen § 312 lit. c Abs. 1 BGB a.F., § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoVO a.F. (gemäß § 312 lit. c Abs. 1 BGB a.F. [infolge Art. 1 Nr. 4 GUV] hat der Unternehmer den Verbraucher bei Fernabsatzverträgen nach Maßgabe des Art. 246 §§ 1 und 2 EGBGB a.F. [infolge Art. 2 Nr. 6 GUV], wobei Art. 246 § 1 EGBGB a.F. Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen [nunmehr Art. 246 lit. b § 1 EGBGB] und Art. 246 § 2 EGBGB a.F. weitere Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen [nunmehr Art. 246 lit. b § 2 EGBGB] statuiert [wohingegen nach Art. 9 Nr. 1 GUV § 1 BGB-InfoVO aufgehoben wird] zu unterrichten), weil es an einer rechtzeitigen, vor Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers zu erfolgenden Belehrung fehlt.[92]

 

Rz. 33

Problematisch ist auch die AGB-mäßige Einführung von Datenschutzerklärungen für Werbezwecke.[93] Nach § 4 Abs. 1 BDSG ist die Erhebung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, soweit das BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet "oder der Betroffene eingewilligt hat". Die Einwilligung ist nach § 4 lit. a Abs. 1 BDSG nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht. Er ist auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sowie, soweit nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich oder auf Verlangen, auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hinzuweisen. Die Einwilligung bedarf der Schriftform, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen ist. Soll die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden, ist sie besonders hervorzuheben.

Das Datenschutzrecht steht einer "formularmäßigen Verortung" der Einwilligung in AGB nicht entgegen: "Der Inhalt muss sich aber freilich an den §§ 307 ff. BGB messen lassen und die Klauseln müssen nach § 305 BGB wirksam einbezogen werden. Im elek­tronischen Bereich muss die Einwilligung dementsprechend visuell, und bei Verwendung der Papierform drucktechnisch hervorgehoben werden, damit der Betroffene die Einwilligungserklärung nicht übersieht".[94]

In den Entscheidungen Payback[95] und Happy-Digit[96] hat der BGH die Ausgestaltung der Einwilligung in datenschutzrechtlicher zulässiger Weise auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen anerkannt (bei Ausgestaltung als opt-out-Variante), wenn und soweit die Einwilligung dergestalt hinreichend hervorgehoben wird.

 

Rz. 34

Einwilligungsklauseln in die Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten sind zulässig, wenn der "durchschnittlich ver...

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