Rz. 43

Für alle Scheidungsverfahren, die nach dem 21.6.2012 eingeleitet werden, gilt für Ehescheidungen mit Auslandsbezug hinsichtlich des anzuwendenden Rechts die Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 (Rom III-VO). Diese verdrängt Art. 17 Abs. 1 EGBGB für Ehescheidungen und Trennungen ohne Auflösung des Ehebandes in denjenigen Fällen, die eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweisen.[47]

Gem. Art. 5 Rom III-VO kann durch Vereinbarung das Recht des Staates bestimmt werden,

in dem die Ehegatten bei der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalten haben,
in dem die Ehegatten zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern einer von ihnen zum Zeitpunkt der Rechtswahl dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat,
dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl besitzt oder
des angerufenen Gerichts.

Nach Art. 8 Rom III-VO ist primärer Anknüpfungspunkt der gewöhnliche Aufenthalt der Eheleute im Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts. Daher hat selbst für deutsche Ehen die Frage der Rechtswahlvereinbarung erheblich an Bedeutung gewonnen. Planen z.B. beiderseits deutsche Eheleute einen längeren gemeinsamen Auslandsaufenthalt, ist zu einer Rechtswahlvereinbarung zu raten. Fehlt eine solche Vereinbarung, kommt nach Art. 8 lit. a Rom III-VO völlig unabhängig von der Staatsangehörigkeit das ausländischen Rechts des Aufenthaltsorts zur Anwendung.

 

Rz. 44

Es empfiehlt sich daher in vielen Fällen nicht nur der Beteiligung eines Ehepartners mit ausländischer Staatsangehörigkeit, sondern auch im Falle beiderseits deutscher Staatsangehörigkeit eine Rechtswahlvereinbarung.

Muster 4.1: Notarielle Rechtswahlvereinbarung

 

Muster 4.1: Notarielle Rechtswahlvereinbarung

UR-Nr. _________________________ vom _________________________

Verhandelt zu

am

vor mir dem Unterzeichnenden Notar im Bezirk des Oberlandesgerichts _________________________

mit dem Amtssitz in _________________________

erschienen heute

1. Herr _________________________, geb. am _________________________ sowie

2. Frau _________________________, geb. am _________________________, beide wohnhaft _________________________

Der Erschienene wies sich aus durch Vorlage seines amtlichen Personalausweises.

Zu 1) Nr.: _________________________

zu 2) Nr.: _________________________

Die Frage des beurkundenden Notars nach einer Vorbefassung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG wurde von den Erschienenen verneint. Der beurkundende Notar erläuterte die vorgenannte Vorschrift.

Die Erschienenen ersuchten um die Beurkundung eines

Rechtswahlvereinbarung

und erklären zu notariellem Protokoll

Wir bestimmen, dass gem. Art. 5 Abs. 1 lit.a Rom III-VO im Falle einer Ehescheidung

deutsches Recht

zur Anwendung kommen soll.

2. Belehrung

_________________________

3. Kosten, Abschriften

Die Kosten der Urkunde des Verfahrens tragen wir gesamtschuldnerisch. Von der Urkunde erbitten wir zwei beglaubigte Abschriften.

(Urkundsausgang)

 

Rz. 45

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die am 24.6.2016 erfolgte Verabschiedung der europäischen Güterrechtsverordnungen.[48]

Seit dem 1.2.2019 regeln die Verordnungen die internationale Zuständigkeit, das anwendbare Recht sowie die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen im Bereich der ehelichen Güterstände bzw. der Güterstände eingetragener Partnerschaften. Die Verordnungen sind in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in allen teilnehmenden Mitgliedstaaten. Derzeit nehmen 18 Mitgliedstaaten teil, darunter auch Deutschland.[49]

 

Rz. 46

Nach Art. 32 der EuGüVO wird nicht mehr im Wege des Gesamtverweises auf das Kollisionsrecht eines Staates verwiesen, sondern nur auf das materielle Recht. Die Verordnung verdrängt damit Art. 5 EGBGB sowie auch die §§ 97 ff in ihrem sachlichen Anwendungsbereich. Nach Art. 21 der EuGüVO gibt es keinen Sondergüterstand z.B. für Grundbesitz mehr. Es gilt dann das Primat der Einheit des Güterrechtsstatuts. Eine Rechtswahl ist nach Art. 22 der EuGüVO zulässig.[50]

[47] Haußleiter, NJW-Spezial 2013, 4.
[48] Verordnung (EU) 2016/1103 vom 24.6.2016 zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterrechts (EUGüVO) sowie Verordnung (EU) 2016/1104 v. 24.6.2006. bezüglich eingetragener Partnerschaften (EuPartVO).
[49] Weitere teilnehmende Länder sind: Belgien, Bulgarien, Tschechien, Griechenland, Spanien, Frankreich, Kroatien, Italien, Zypern, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Portugal, Slowenien, Finnland und Schweden.
[50] Vgl. Kohler/Pintens, FamRZ 2016,1509; Dutta, FamRZ 2016,19 1070.

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