Rz. 584

Die mögliche Fremdbetreuung scheidet nur dann aus, wenn sie entweder nicht verlässlich oder nicht zumutbar ist. Nicht verlässlich ist die Fremdbetreuung nicht nur dann, wenn eine Betreuung nur von gelegentlich vorhandenen und ständig wechselnden Bezugspersonen sichergestellt werden soll.[685]

 

Rz. 585

Nicht verlässlich ist eine Fremdbetreuung auch dann, wenn sie mit der notwendigen Arbeitszeit des betreuenden Elternteils nicht in ausreichendem Maße korrespondiert. Dabei sind nicht nur die Arbeitszeiten, sondern auch die Fahrtzeiten des betreuenden Elternteils sowie Notwendigkeiten weiterer außerhäuslicher Pflichten (Einkaufen, Behördengänge, etc.) einzubeziehen.

 

Rz. 586

Nicht zumutbar ist eine Fremdbetreuung dann, wenn sie mit dem Kindeswohl nicht in Einklang steht. Dies ist der Fall, wenn Mitglieder der betreuten Kindergruppe das Kind erkennbar ablehnen oder umgekehrt das Kind mit nicht steuerbarer Ablehnung auf Betreuungspersonen reagiert.

 

Rz. 587

Davon deutlich zu unterscheiden sind Eingewöhnungsprobleme, die in geringerem oder auch stärkerem Maße jedes Kind beim Übergang von der elterlichen Betreuung zur Fremdbetreuung durchmacht. Diese Schwierigkeiten bieten keinen Anlass, eine Fremdbetreuung abzubrechen. Die Ablehnung muss daher längere Zeit andauern, von erheblicher Bedeutung des Kindeswohls sein und muss bei Fortsetzung dazu führen, dass das Kindeswohl gefährdet oder beeinträchtigt ist.

Der betreuende Elternteil, der sich zur Ablehnung der Fremdbetreuung hierauf bezieht, hat die Voraussetzungen und die Schwere der Beeinträchtigung nachvollziehbar darzulegen und glaubhaft zu machen.

 

Rz. 588

Nicht zumutbar ist eine Fremdbetreuung auch dann, wenn das Verhältnis des betreuenden Elternteils zur Person des Fremdbetreuers zerrüttet oder so angespannt ist, dass eine vernünftige Kommunikation nicht mehr möglich ist. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn eine private Betreuung durch Familienangehörige oder Bekannte angeboten wird.

Grundsätzlich gilt, dass solche private Betreuung nicht in Anspruch genommen werden muss.[686] Zu den Schwiegereltern muss der betreuende Ehegatte das Kind nicht zum Zwecke der Fremdbetreuung geben. Anderes gilt nur dann, wenn etwa die Großeltern des Kindes auch bisher, namentlich vor der Trennung der Eltern, das Kind betreut haben, keine – etwa trennungsbedingten – Spannungen zwischen dem betreuenden Elternteil und den Schwiegereltern vorhanden sind, diese sich also im Trennungskonflikt neutral verhalten haben und wenn die Betreuung bisher verlässlich war.[687]

 

Rz. 589

Nicht annehmen muss der betreuende Elternteil ein Angebot des anderen Elternteils, das Kind zu betreuen. Geht das Betreuungsangebot über das praktizierte Umgangsregelung hinaus, was regelmäßig der Fall ist, würde dies letztlich zu einer Veränderung, einer Umkehrung der Betreuungsregeln führen.[688]

 

Rz. 590

Die praktizierte Umgangsregelung muss daher vorrangig sein. Die Kosten der Fremdbetreuung stellen Mehrbedarf des Kindes dar und sind von beiden Eltern anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen zu tragen, wobei vorab der Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbehaltes abzuziehen ist. Mehrbedarf des Kindes sind die Kosten jedenfalls dann, wenn die Fremdbetreuung in erster Linie erzieherischen Zwecken dient.[689] Dies ist bei dem Besuch des Kindergartens der Fall.

 

Rz. 591

Hat das zu betreuende Kind ein Alter erreicht, in welchem es auch einige Stunden ohne Beaufsichtigung verbringen kann, besteht die Verpflichtung des betreuenden Elternteils zur Vollzeiterwerbstätigkeit. Verbleibende Betreuungsaufgaben, die zu einer höheren Belastung des betreuenden Elternteils führen, können im Einzelfall durch ggf. anteilige Berücksichtigung der Einkünfte unter Billigkeitsgesichtspunkten entspr. § 1577 Abs. 2 BGB ausgeglichen werden.

Der Grund liegt darin, dass sich die Erwerbsobliegenheit insgesamt danach beurteilt, ob eine Erwerbstätigkeit neben der Betreuung des Kindes zu einer überobligationsmäßigen Belastung führt. Ist dies der Fall, ist die lediglich anteilige Berücksichtigung der Einkünfte notwendig. Ein pauschaler Betreuungsbonus kann jedoch nicht in Ansatz gebracht werden.[690]

[687] Vgl. aber BGH FamRZ 2009, 1391, 1395: "Unterstützung durch Verwandte ist eine freiwillige Leistung …".
[689] BGH FamRZ 2008, 1152.

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