Rz. 20

Schon früher galt der – verfassungsgemäße – Grundsatz der Eigenverantwortung nach der Ehe, sodass nach der Systematik ein nachehelicher Unterhaltsanspruch nicht die Regel, sondern die Ausnahme sein sollte. Zudem bestand ja seit dem Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 20.2.1986 bereits – wenn auch unter engen Voraussetzungen – die Möglichkeit, nacheheliche Unterhaltsansprüche der Höhe und der Dauer nach zu begrenzen (§§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 BGB).

Das Regel-Ausnahme-Prinzip hatte sich in der Vergangenheit allerdings in sein Gegenteil verkehrt. Dies erschwerte jeden Neuanfang in zweiter Ehe erheblich und wurde gerade bei kurzer Ehe häufig als ungerecht empfunden.

 

Rz. 21

Dem ist versucht worden dadurch zu begegnen, dass § 1569 BGB eine komplett neue Fassung erhalten hat. Die frühere, eher nichtssagende Überschrift "abschließende Regelung") ist ersetzt worden durch eine prägnante Überschrift, nämlich "Grundsatz der Eigenverantwortung", die dem Inhalt eine neue Zielrichtung gegeben hat.

Ging es in § 1569 BGB a.F. darum, dass Unterhalt "nach den nachfolgenden Vorschriften der §§ 1570 ff. BGB" verlangt werden konnte, wird nunmehr im ersten Satz die Eigenverantwortung hervorgehoben.

 

Rz. 22

Die Überschrift des § 1569 BGB stärkt den Grundsatz. Der erste Satz erklärt die Erwerbstätigkeit zur Obliegenheit. Der zweite Satz formuliert statt "… kann … nicht selbst … sorgen" schärfer mit "ist er dazu außer Stande …" und betont mit der Einfügung des Wortes "nur", dass ein Unterhaltsanspruch gemessen am Grundsatz der Eigenverantwortung die Ausnahme, nicht die Regel sein soll und daher nur in Betracht kommt, wenn einer der Unterhaltstatbestände der §§ 1570 ff BGB vorliegt.[23]

 

Rz. 23

Dadurch sind erhöhte Anforderungen an die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit gestellt und Beschränkungsmöglichkeiten geschaffen worden, die auch bestimmte Voraussetzungen zur Erlangung von Unterhalt, namentlich beispielsweise auf die Frage "ehebedingter Nachteile" abstellen.[24]

In der Begründung des Regierungsentwurfs ist im Zusammenhang mit der Neufassung des § 1569 BGB von "neuer Rechtsqualität" und davon die Rede, dass die Vorschrift "in weit stärkerem Maße als bisher" als Auslegungsgrundsatz für die einzelnen Unterhaltstatbestände heranzuziehen sei.[25]

[23] Vgl. RegE, S. 25.
[24] So die Begründung im RegE, S. 19.
[25] RegE, S. 25.

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