A. Einführung

 

Rz. 1

Alle reden über die Ehe – gerade in diesem Jahr, 2017. Und das, obwohl seit Jahren sämtliche Statistiken ausweisen, die Anzahl der Eheschließungen gehe nach unten, immer mehr Paare würden die Lebensform der nichtehelichen Lebensgemeinschaft wählen.[1]

Und dennoch: Der Bundestag verabschiedete am Freitag, dem 30.Juni 2017 den unveränderten Gesetzentwurf des Bundesrates "Zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts". 393 Abgeordnete stimmten für die Gesetzesvorlage, 226 dagegen, vier enthielten sich.[2] Zeitgleich fand der deutsche Familiengerichtstag in Brühl mit zahlreichen Erinnerungen und Rückblicken auf das am 1.7.1977 in Kraft getretene "Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts" statt.[3] 40 Jahre danach wieder eine historische Entscheidung – und: die Ehe gibt es immer noch, die Normen des BGB unverändert wichtig.

[1] Wikipedia.
[2] Pressemitteilung des deutschen Bundestages.
[3] Willutzki, FuR 2017, 286 ff.

B. Begriff

 

Rz. 2

Was ist eine Ehe?

Art. 6 Abs. 1 GG stellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung und §§ 1303 ff, 1353 ff. BGB erläutern die Voraussetzungen einer wirksamen Eheschließung und die Rechtsfolgen. Aber eine Definition findet sich nicht, sondern die Ehe wird als besondere Form menschlichen Zusammenlebens vorausgesetzt.[4] Der Duden definiert die Ehe als "Bündnis fürs Leben". Ausgefüllt wird der Begriff durch die Rechtsprechung. Noch im Jahr 2002 entschied das Bundesverfassungsgericht, Wesensmerkmal der Ehe sei die Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner, Art. 6 Abs. 1 schütze nicht die eingetragene Lebenspartnerschaft.[5] Zeitgleich aber betonte es, dass das Grundgesetz das Institut in der Ausgestaltung, wie sie den jeweils herrschenden, in der gesetzlichen Regelung maßgebend zum Ausdruck gelangten Anschauungen entspricht, gewährleistet und schützt.[6] Vor diesem Hintergrund wertet das am 30.6.2017 verabschiedete "Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts" die Ehe als Lebensgemeinschaft zweier Partner, die auf Lebenszeit angelegt ist.[7]

[4] BVerfG, Urt. v. 17.7.2002 – 1 BvF 1/01, 2/01, BVerfGE 105, 313 ff.
[5] BVerfGE 31, 58 ff.; BVerfGE 76, 1 ff.; BVerfGE 105, 313 ff.
[6] BVerfGE 31, 58 ff.; BVerfGE 105, 313 ff.
[7] BT-Drucks 18/6665.

C. Zustandekommen

 

Rz. 3

Gemäß § 1310 Abs. 1 BGB wird die Ehe nur dadurch wirksam geschlossen, dass die Eheschließenden vor dem Standesbeamten erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen.

I. Nichtigkeit

 

Rz. 4

Diese Voraussetzung muss nach deutschem Recht ausnahmslos gegeben sein. Wird die Ehe nicht vor einem Standesbeamten, sondern zum Beispiel ausschließlich kirchlich geschlossen, ist sie nicht wirksam.[8] Dann liegt eine "Nichtehe" vor, die wegen ihrer Nichtigkeit keine Rechtswirkungen entfaltet.[9] Die sogenannte "Schlüsselgewalt" im Sinne des § 1357 BGB kommt somit nicht zu Anwendung, ebenso wenig die Normen, die sich auf die Beendigung und die Folgen der Beendigung einer Ehe beziehen. Konkret bedeutet das, dass es beispielsweise keine Absicherung der Partner durch Unterhaltsansprüche gibt, keine Verteilung der Rentenanwartschaften und keinen Zugewinnausgleich.

[8] VG Münster, Beschl. v. 24.5.2016 – 4 L 421/16; Entscheidungsdatenbank NRW; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20.5.2014 – OVG 3 M 7.14, Entscheidungsdatenbank Berlin-Brandenburg – NJW 2014, 2665.
[9] PWW/Friederici, § 1310 BGB Rn 6.

1. Kirchliche Trauung

 

Rz. 5

Seit Inkrafttreten des neuen Personenstandsgesetzes vom 19.2.2007[10] und der damit verbundenen Aufhebung des Voraustrauungsverbots des § 67 a.F. ist es möglich, sich ausschließlich kirchlich trauen zu lassen. Aber mangels Trauung vor einem Standesbeamten löst das nicht die Folgen einer Eheschließung im Sinne der Rechtsordnung aus.[11] Man kann dann überlegen, ob im Einzelfall ein Verlöbnis vorliegt.

[10] BGBl I S. 122.
[11] OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20.5.2014 – OVG 3 M 7.14, Entscheidungsdatenbank Berlin-Brandenburg, NJW 2014, 2665.

2. Feststellung der Nichtigkeit

 

Rz. 6

Wurde die Ehe nicht vor einem Standesbeamten geschlossen, ist sie nichtig. Es kann auf Feststellung der Nichtigkeit geklagt werden. Sinn kann ein solches Verfahren machen, wenn beispielsweise Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden.

 

Rz. 7

Zuständig ist das Familiengericht.

3. Antrag auf Feststellung des Nichtbestehens einer Ehe

 

Rz. 8

Muster 4.1: Antrag auf Feststellung des Nichtbestehens einer Ehe

 

Muster 4.1: Antrag auf Feststellung des Nichtbestehens einer Ehe

Amtsgericht _________________________

– Familiengericht –

Antrag

auf Feststellung des Nichtbestehens der Ehe

des Herrn _________________________, wohnhaft _________________________,

– Antragsteller –

gegen

Frau _________________________, wohnhaft _________________________,

– Antragsgegnerin –

Verfahrenswert: _________________________ EUR.

Namens und in Vollmacht des Antragstellers wird beantragt:

festzustellen, dass die zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin am _________________________ vor dem _________________________ in _________________________ geschlossene Ehe nichtig ist.

Begründung:

Der Antragsteller macht gegen die Antragsgegnerin einen Fe...

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