Rz. 94

Gemäß § 1361b Abs. 4 BGB wird unwiderleglich vermutet, dass der aus der Wohnung ausgezogenen Ehegatte dem dort verbliebenen Ehegatten das alleinige Nutzungsrecht an der ehelichen Wohnung überlassen hat, wenn er nicht binnen sechs Monaten nach seinem Auszug gegenüber dem in der Wohnung verbliebenen Ehegatten seine ernstliche Rückkehrabsicht bekundet. In einem solchen Fall ist es dem ausgezogenen Ehegatten verwehrt, Einräumung des Besitzes an der Wohnung, zum Beispiel aus § 985 BGB wegen Miteigentum, zu verlangen. Stattdessen wird dann unwiderleglich vermutet, dass der in der Wohnung verbleibende Ehegatte dem Ausgezogenen gegenüber ein Recht zum Besitz im Sinne des § 986 BGB hat.[112] Diese Vermutung kann nicht entkräftet werden – auch nicht durch Beweismittel. Sie gilt nicht gegenüber Dritten.

 

Rz. 95

Folge des Rechts zum Besitz ist das Entstehen von Abwehransprüchen des in der Wohnung Verbleibenden gegen den Ausgezogenen. Letzterem kann der Zutritt zu der Wohnung verweigert werden, selbst dann, wenn dieser allein die Kosten für die Ehewohnung trägt.[113] Deshalb muss der Ausziehende, der nur vorübergehend und zwecks Herbeiführung der Trennung aus der gemeinsamen Wohnung auszieht, dem Verbleibenden gegenüber die Rückkehrabsicht vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist schriftlich mitteilen. Ansonsten ist das Rückkehrrecht zumindest für den Zeitraum der Trennung verloren.

 

Rz. 96

 

Hinweis

Verlässt ein Ehegatte die gemeinsam genutzte Ehewohnung durch Auszug, ist darauf zu achten, dass der Ausziehende, sollte er die Absicht hegen, in die Ehewohnung zurückzukehren, dies dem in der Wohnung verbleibenden Ehegatten innerhalb von sechs Monaten schriftlich mitteilt.

Unterlässt er dies, erwirbt der in der Wohnung verbleibende Ehegatte dem ausziehenden Ehegatten gegenüber ein Recht zum Besitz und erwirbt Abwehransprüche.

[112] OLG Brandenburg, Beschl. v. 17.1.2008 – 10 WF 2/08, JurionRS 2008, 10642; FormB-FA FamR/Friederici, Kap. 1 Rn 58, 62.
[113] FormB-FA FamR/Friederici, Kap. 1 Rn 60, 64.

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