Rz. 73

Es gibt wenige Sachverhalte, in denen eine fehlerhafte Zinsberechnung so große Schäden anrichten kann, wie bei der Inanspruchnahme von Bevollmächtigten. Grob fehlerhaft sind Zahlungsaufforderungen, bei denen Zinsen erst nach Ablauf der durch Rechtsanwaltsschreiben gesetzten Frist oder – noch schlimmer – erst ab Rechtshängigkeit geltend gemacht werden.[44]

 

Rz. 74

Um den gesetzlichen Verzugszinssatz möglichst früh in Ansatz bringen zu können, sind zwei Aspekte zu beachten:

Zum einen können alle Teilbeträge eigenmächtigen Vertreterhandelns gesondert verzinst werden. Hat der Bevollmächtigte z.B. über einen Zeitraum von drei Jahren jedes Jahr im Sommer 10.000 EUR vom Konto des Vollmachtgebers rechtsgrundlos abgehoben, ist der Verzugszins für jeden Teilbetrag gesondert zu berechnen.

 

Rz. 75

Muster 4.1: Klageantrag wegen Verzugszinsen aus Teilbeträgen

 

Muster 4.1: Klageantrag wegen Verzugszinsen aus Teilbeträgen

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Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 30.000 EUR zu zahlen, nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Teilbetrag i.H.v. 10.000 EUR seit dem 1.7.2014, aus einem weiteren Teilbetrag i.H.v. 10.000 EUR seit dem 1.7.2015, und weiteren 10.000 EUR seit dem 1.7.2016.

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Rz. 76

Eine Grenze der Genauigkeit ist natürlich dann vorgegeben, wenn monatlich Kleinbeträge abgeflossen sind. Hier wäre es eine Überforderung, einen seitenlangen Antrag mit Teilverzinsungsbeträgen zu formulieren. Hier kann man alternativ die Jahressummen zur teilweisen Verzinsung in den Klageantrag aufnehmen.

 

Rz. 77

Zum anderen sollte der Schuldner frühzeitig gem. § 286 Abs. 1 S. 2 BGB durch Mahnung in Verzug gesetzt werden. Der Verzug beginnt wohlgemerkt schon mit dem Zugang der Mahnung und nicht erst mit Ablauf einer mehr oder weniger großzügig gesetzten Frist. Deshalb sollte auch der Zugang des Aufforderungsschreibens notfalls bewiesen werden können.[45]

Wenn der Vollmachtgeber bzw. seine Erben schon dadurch benachteiligt sind, dass sie ihre Ansprüche erst nach einem mühsamen Auskunftsverfahren beziffern können, wäre es grob unbillig, wenn sie erst dann verzugsbegründend mahnen könnten. Der Bevollmächtigte hätte schon wegen des Zinsgewinns einen Grund mehr, sich mit seinen Auskünften Zeit zu lassen. Weil das nicht sein kann, ist es inzwischen ganz herrschende Meinung,[46] dass auch durch eine unbezifferte Mahnung, die einem zulässigen Antrag in einer Stufenklage entspricht, der auskunftspflichtige Schuldner grundsätzlich in Verzug kommt. Es handelt sich allerdings um eine der am wenigsten bekannten herrschenden Meinungen, so dass in Schriftsätzen und Klagen zu einem ausdrücklichen Hinweis auf das einschlägige BGH-Urteil zu raten ist.

 

Rz. 78

Muster 4.2: Unbezifferte Mahnung am Ende eines Auskunftsverlangens

 

Muster 4.2: Unbezifferte Mahnung am Ende eines Auskunftsverlangens

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Weiterhin habe ich Sie hiermit aufzufordern, den sich nach der Erteilung obiger Informationen zu beziffernden Zahlungsanspruch bis zum _________________________ auf das Konto meines Mandanten IBAN _________________________ der _________________________-Bank (BIC _________________________) einzuzahlen. Bis zum gleichen Datum haben Sie auch die in Ihrem Besitz noch befindlichen Gegenstände herauszugeben, mein Mandant steht nach telefonischer Aufforderung kurzfristig zur Abholung der Sachen zur Verfügung.

Vorsorglich darf ich in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des BGH (abgedr. in NJW 1981, 1729) verweisen, wonach der auskunftspflichtige Schuldner auch durch eine unbezifferte Mahnung, die einem zulässigen Antrag in einer Stufenklage entspricht, grundsätzlich in Verzug gerät.

Rechtsanwalt

 

Rz. 79

 

Hinweis

Wer einen Bevollmächtigten vertritt, der erhebliche Rückzahlungen zu gewärtigen hat, sollte zur Meidung zu hoher Verzugszinsen zu einer Teilzahlung raten.

Der Bevollmächtigte kann den Verzugseintritt verhindern, wenn er nachweist, dass die Leistung aufgrund eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat, § 286 Abs. 4 BGB.

[44] Einen guten Überblick verschafft auch der Aufsatz von Rißmann, ZErb 2002, 181 ff.
[45] Es gehört daher m.E. zu den anwaltlichen Fairnessregeln, dass man als Rechtsanwalt des Bevollmächtigten im Antwortschreiben auch das Eingangsdatum des Aufforderungsschreibens angibt.
[46] BGH NJW 1981, 1729 = BGHZ 80, 269.

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