I. Grundsatz

 

Rz. 131

Nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.

 

Rz. 132

§ 12a ArbGG trifft eine Sonderregelung für das erstinstanzliche arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren. Danach hat die obsiegende Partei keinen Anspruch auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistandes. Diese Bestimmung schränkt nicht nur den prozessualen Kostenerstattungsanspruch ein, sondern entfaltet auch materiell-rechtliche Wirkungen.[168] Der Rechtsanwalt muss den Mandanten vor Abschluss der Vereinbarung über die Vertretung auf den Ausschluss der Kostenerstattung hinweisen (§ 12a Abs. 1 S. 2 ArbGG).

Für Beschlussverfahren[169] gilt § 12a ArbGG nicht. Dies zeigt schon der Wortlaut. Entgegen des Wortlauts in § 12 a Abs. 1 S. 1 ArbGG hat auch ein Streithelfer keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten seines Prozessbevollmächtigten.[170]

 

Rz. 133

Keine Anwendung findet § 12a ArbGG in Zwangsvollstreckungsverfahren.[171] Dafür spricht zunächst der Wortlaut ("Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs"). Diese Regelung ist auch interessengerecht und entspricht der Systematik im deutschen Recht. Zudem ist mit § 788 ZPO eine spezielle gesetzliche Regelung vorhanden, die die Kosten der Zwangsvollstreckung und deren Erstattungsfähigkeit regelt.

 

Rz. 134

Die Kosten können nach § 788 Abs. 1 Hs. 2 ZPO zugleich mit der Zwangsvollstreckung beigetrieben werden. Der Gläubiger hat, wie ausdrücklich gesetzlich geregelt, auch die Möglichkeit, die Zwangsvollstreckungskosten nach § 788 Abs. 2 ZPO gesondert festsetzen zu lassen.[172] Zuständig ist das Vollstreckungsgericht. In den Fällen der §§ 887, 888, 890 ZPO ist jedoch das Prozessgericht und damit bei arbeitsrechtlichen Titeln das Arbeitsgericht zuständig.[173]

 

Rz. 135

Entstehen dem Arbeitgeber Detektivkosten durch vorprozessuale Ermittlungen von Pflichtverletzungen, die später zum Anlass für den Ausspruch einer Kündigung gemacht werden, sind diese nicht als Kosten der Rechtsverfolgung festsetzbar.[174] Eine andere Frage ist es, ob der Arbeitgeber einen materiellrechtlichen Schadensersatzanspruch[175] hat. Diesen Anspruch muss er aber im Rahmen eines Klageverfahrens gesondert geltend machen.

[169] Zu den Kosten eines Beschlussverfahrens siehe § 7.
[170] LAG Berlin-Brandenburg v. 7.6.2021 – 26 Ta (Kost) 6023/21, AG Spezial 2021, 405 m. krit. Anm. v. Hansens.
[171] Grunsky, § 62 Rn 29, § 12a Rn 1.
[172] Dies empfiehlt sich bei streitigen Kosten oder um eine Verzinsung der Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO zu erreichen.
[173] Vgl. Zöller/Stöber, § 788 Rn 19.

II. Verweisung des Rechtsstreits

1. Verweisung zum Arbeitsgericht

 

Rz. 136

Die Ausnahme von der Ausnahmevorschrift des § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG regelt § 12a Abs. 1 S. 3 ArbGG. Die Kosten, die dem Beklagten dadurch entstanden sind, dass der Kläger ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanz- oder Sozialgerichtsbarkeit angerufen und dieses den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen hat, sind erstattungsfähig.

 

Rz. 137

Überwiegend[176] wird die Ansicht vertreten, dass die vor dem Zivilgericht entstandenen Anwaltsgebühren auch dann erstattungsfähig sind, wenn der Rechtsstreit zu den Arbeitsgerichten verwiesen wird und der Erstattungsberechtigte sich dort vom gleichen Anwalt vertreten lässt. Begründet wird diese Ansicht damit, dass der Erstattungsberechtigte die Anwaltskosten erstattet bekommen hätte, wenn er vor dem Zivilgericht obsiegt hätte. Dagegen spricht nicht, dass der Erstattungsberechtigte die Verweisung nicht hätte geltend machen müssen, da über die Frage der sachlichen Zuständigkeit gemäß § 17a Abs. 2 S. 1 GVG von Amts wegen zu entscheiden ist. Dieses Argument verkennt jedoch, dass der Erstattungsanspruch vor dem Zivilgericht nicht entstanden ist, weil dieses sich für sachlich unzuständig gehalten hat. Aufgrund der ausgesprochenen sächlichen Unzuständigkeit konnte das Zivilgericht nicht in der Sache selbst entscheiden und daher auch nicht darüber befinden, wer unterliegt und deshalb die Kosten der obsiegenden Partei zu tragen hat. Auch über die Kosten des Verfahrens vor dem Zivilgericht kann dieses aufgrund der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung nicht selbst befinden.

 

Rz. 138

Wenn der Erstattungsberechtigte seinen Erstattungsanspruch erst durch die Entscheidung der Arbeitsgerichte erwirbt, kann er diesen auch nur in dem gesetzlichen Umfang erwerben. Dazu zählen im erstinstanzlichen arbeitsgerichtlichen Verfahren Anwaltskosten der obsiegenden Partei gerade nicht.

 

Rz. 139

Wie der Wortlaut "dadurch" in § 12a ...

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