Rz. 38

Zivilrechtlich können die Beteiligten aus einer nichtigen Verfügung von Todes wegen keine Rechte ableiten. Es greift grundsätzlich – sofern keine andere wirksame Verfügung vorliegt – die gesetzliche Erbfolge.

 

Rz. 39

Steuerlich hingegen ist jede Unwirksamkeit für die Besteuerung unerheblich, wenn die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis der Verfügung umsetzen, wobei der Grund für die Unwirksamkeit – sei es wegen Formmängeln, fehlender Testierfreiheit oder wegen Testier- bzw. Geschäftsunfähigkeit –unbeachtlich ist. Dem liegt der in § 41 AO normierte Grundsatz zugrunde, dass die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts für die Besteuerung unerheblich ist, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Die steuerliche Anerkennung gilt aber nur, soweit die Durchführung der unwirksamen Verfügung von den Beteiligten betrieben wird. "Soweit" bedeutet dabei "in dem Maße wie",[30] so dass die unwirksame Verfügung bei nur teilweiser Umsetzung entsprechend im Umfang der Durchführung steuerlich berücksichtigt werden muss.[31] Ein schenkungsteuerpflichtiger Verzicht bei nur teilweiser Umsetzung kann nicht vorliegen, da der Verzichtende – anders als bei einer wirksamen Verfügung von Todes wegen – nicht von einer zivilrechtlich gesicherten Position Abstand nimmt.[32]

 

Hinweis

Die Erbschaftsteuer entsteht i.S.d. § 9 ErbStG (siehe § 9 Rdn 1 ff.>) bei einer formunwirksamen Verfügung nicht – auch nicht rückwirkend – mit dem Tod des Erblassers,[33] sondern erst mit der Erfüllung deren Erfüllung, was unter anderem im Rahmen der Berücksichtigung früherer Erwerbe i.S.d. § 14 ErbStG (siehe § 7 Rdn 1 ff.>) erhebliche Effekte haben kann.

 

Rz. 40

Die Umsetzung darf nicht ausschließlich die eigenen Vorstellungen der Beteiligten verwirklichen.[34] Es muss mithin überhaupt eine (wenn auch unwirksame) Verfügung von Todes wegen vorliegen und der darin zum Ausdruck kommende Erblasserwille muss von den Hinterbliebenen zumindest teilweise vollzogen werden.[35] Es reicht jedenfalls aus, wenn die Verfügung zumindest entsprechende Andeutungen enthält.[36] Zur Beweisvorsorge gegenüber dem Finanzamt kann es sich empfehlen, den zugrundeliegenden Sachverhalt und die Umsetzung in einer notariellen Urkunde niederzulegen.[37]

[30] FG Baden-Württemberg v. 27.8.1975 – II 22/74, EFG 1976, 138, 139.
[31] Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, § 3 Rn 33.
[34] Siehe von Proff, ZEV 2010, 348, 350.
[36] Geck, in: FS Bengel/Reimann, 2012, S. 83 f.
[37] Roth, RNotZ 2013, 193, 208.

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