Rz. 23

Betrachten wir als nächstes Cloud-Verhältnisse, so kann nichts anderes gelten. Ein Vertragsverhältnis über eine Cloud beinhaltet die Möglichkeit, Daten auf einem über das Internet zugänglichen Speicherplatz in einem entfernten Rechenzentrum (sog. Cloud) zu speichern.[34] Der Hauptanspruch des Nutzers gegen den Anbieter besteht darin, Inhalte des Nutzers zu speichern, ihn diese auf Verlangen wieder einsehen zu lassen und zur Verfügung zu stellen, um sie zu nutzen oder zu löschen.

 

Rz. 24

Der Übergang von Todes wegen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge stellt sich hier nicht anders dar als bspw. bei einem Girovertrag mit einer Bank. Bei Letzterem gehen das Girovertragsverhältnis und das Guthaben mit dem Tod des Bankkunden[35] nach § 1922 BGB auf die Erben über. Dies ist nicht nur bei klassischen Bankverhältnissen so, sondern auch, wenn Internetbanking betrieben wird. Unerheblich ist, ob mit klassischen oder neuen Währungen wie Bitcoins gearbeitet wird. Auch für Onlinezahldienste wie PayPal gilt nichts anderes. Es gehen also das Vertragsverhältnis mit dem jeweiligen Anbieter ebenso über wie das Guthaben.

 

Rz. 25

Ist Gegenstand des Vertragsverhältnisses kein Guthaben im pekuniären Sinne, sondern gespeicherte Dateien, so geht ebenfalls das zugrundeliegende Vertragsverhältnis und das Recht zum Zugriff auf die gespeicherten Dateien und die durch sie verkörperten Inhalte über. Dabei mag es sich um Videos, Fotosammlungen oder sonstiges handeln. Denn es ist nicht entscheidend, ob Geld oder Bilder eingelegt werden. So wie die Erben den Anspruch auf Auszahlung gegen die Bank, der aus §§ 700, 488 BGB resultiert, erben,[36] so erben sie auch den aus dem Nutzungsvertrag mit dem Anbieter folgenden Anspruch auf Zugriff zu den vom Erblasser in der Cloud gespeicherten Bildern, Musik, Texten oder sonstigen Daten.

Ebenso wenig wie es darauf ankommt, ob der Erblasser Geld, das er bei einer Bank anlegt, nur von anderen zu Anlagezwecken "geliehen" hat, so kommt es auch nicht darauf an, ob (nur) der Erblasser auf gespeicherten Bildern abgebildet ist oder (auch) andere Personen. Entscheidend ist allein, ob der Erblasser die entsprechenden Bilder dem Cloudinhaber zur Speicherung überlassen hat. Ebenso wenig wie der Inhaber eines Fotogeschäftes nach der Entwicklung einer Aufnahme danach fragen muss, ob der Kunde allein auf den Bildern abgebildet ist oder zumindest Rechte an den Bildern hat, bevor er sie an seinen Kunden oder dessen Erben herausgibt, darf der Anbieter einer Cloud den Zugang zu den Bildern von solchen oder ähnlichen Fragen abhängig machen. So wie das Eigentum an Fotos, auf denen Aktphotographien abgebildet sind, und die Herausgabeansprüche gegen den Entwickler der Fotos aus dem entsprechenden Vertrag nach § 1922 BGB auf die Erben übergeht, so gehen auch die Ansprüche auf Herausgabe von digitalen Fotos gegen den Cloudinhaber über.

 

Rz. 26

Ob die darauf Abgebildeten einen Anspruch auf Herausgabe oder Vernichtung gegen die Erben haben, richtet sich nach den gleichen Grundsätzen, die wir bereits bei der Speicherung auf lokalen Datenträgern kennengelernt haben (siehe § 3 Rdn 1 ff.).[37] Insoweit aufkommende Konflikte sind zwischen dem Abgebildeten und den Erben zu klären.

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