Rz. 8

Eine Kündigung gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung bestanden hat, ist gemäß § 1 KSchG rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

 

Rz. 9

Voraussetzung der Anwendbarkeit des KSchG und damit der Anwendbarkeit der Voraussetzungen des § 1 KSchG ist somit zunächst die rechtlich ununterbrochene Dauer des Arbeitsverhältnisses von sechs Monaten in demselben Betrieb oder Unternehmen. Der Arbeitgeber hat auch die Möglichkeit, die Wartezeit zu verkürzen oder ganz auf diese zu verzichten.[2]

 

Rz. 10

 

Hinweis

Die Verschriftlichung dieser Vereinbarung ist für den Arbeitnehmer besonders wichtig, da die Beweislast für die Erfüllung der Wartezeit beim Arbeitnehmer liegt und ein Nachweis ansonsten schwer zu führen sein kann. Sollte der Arbeitgeber seiner Nachweispflicht gemäß § 2 NachwG nicht nachkommen, kann der Arbeitnehmervertreter in einer Auseinandersetzung, in der die Erfüllung der Wartezeit streitig ist, mit einem Teil der Literatur und Rechtsprechung vortragen, nunmehr sei ein Fall der Beweislast­umkehr zu Lasten des Arbeitgebers gegeben,[3] oder mit einem anderen Teil der Lite­ratur und der Rechtsprechung die Nichterteilung des Nachweises sei als Beweisvereitelung des Arbeitgebers gemäß §§ 427, 444 ZPO zu behandeln.[4]

 

Rz. 11

Die Berechnung der Wartezeit ist wie folgt vorzunehmen:

Der Beginn der Wartezeit ist der rechtliche Beginn des Arbeitsverhältnisses, der vereinbart wurde. Maßgebend ist der Zeitpunkt, von dem ab die Arbeitsvertragsparteien ihre wechselseitigen Rechte und Pflichten begründen wollen. Dies ist regelmäßig der Tag, an dem der Arbeitnehmer nach der vertraglichen Verpflichtung seine Arbeit aufnehmen wollte.[5] Ob der Arbeitnehmer an diesem Tag dann tatsächlich arbeiten konnte, ist nicht entscheidend.

 

Rz. 12

Die Wartezeit endet auch dann nach Ablauf von sechs Monaten, wenn der letzte Tag auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt. § 193 BGB ist auf die Berechnung der Wartezeit nicht anwendbar.[6]

 

Rz. 13

Im Hinblick auf die Frage, ob die Wartezeit abgelaufen ist, kommt es allein auf den Zugang der Kündigung an. Der Kündigungsschutz ist erlangt, wenn die Kündigungserklärung nicht vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist zugeht.[7]

 

Rz. 14

Gemäß § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG ist Voraussetzung für die Anwendung des § 1 KSchG weiterhin die Anzahl der im Betrieb in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer. Zur Anwendbarkeit des § 1 KSchG ist es erforderlich, dass in dem Betrieb regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden. Dieser Schwellenwert von mehr als zehn Arbeitnehmern (also ab 10,25 Arbeitnehmern) gilt für Arbeitnehmer, die ab dem 1.1.2004 eingestellt wurden. Für Arbeitnehmer, die bereits bis zum 31.12.2003 eingestellt wurden, gilt ein Schwellenwert von über fünf Arbeitnehmern, also ab 5,25 Arbeitnehmer (die im Zeitpunkt der Kündigung auch noch beschäftigt sind) gilt insoweit das KSchG.

Bei der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind gemäß § 23 Abs. 2 S. 4 KSchG teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

 

Rz. 15

Bei der Ermittlung des Schwellenwerts sind mitzuzählen.

Der Gekündigte selbst;[8]

in einem Gemeinschaftsbetrieb (§ 1 Abs. 2 BetrVG: mehrere Unternehmen bilden einen Betrieb) auch die Arbeitnehmer, die bei einem anderen Vertragsarbeitgeber, einem anderen Unternehmen des Gemeinschaftsbetriebs, beschäftigt sind;[9]

in den Betrieb eingegliederte Leiharbeitnehmer, soweit mit ihnen ein regelmäßiger Beschäftigungsbedarf abgedeckt wird, also sie nicht vom Arbeitgeber eingesetzt werden, um Auftragsspitzen abzudecken oder eine Personalreserve zu bilden;[10]

leitende Angestellte gemäß § 14 Abs. 2 KSchG sowie angestellte Geschäftsführer ohne Gesellschaftsanteile, die dem Weisungsrecht des AG unterliegen;[11]

Aushilfen, soweit sie regelmäßig beschäftigt werden und mit einer derartigen Beschäftigung auch zukünftig zu rechnen ist; auf die Dauer der einzelnen Aushilfsbeschäftigungen kommt es nicht an;[12]

Arbeitnehmer in ruhenden Arbeitsverhältnissen, wie Elternzeit, Mutterschutz, Wehrdienst; für diese sind etwaige angestellte Ersatzarbeitnehmer jedoch nicht zusätzlich zu berücksichtigen.[13]

 

Rz. 16

Bei der Ermittlung des Schwellenwertes sind ausdrücklich gemäß § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG Auszubildende nicht zu berücksichtigen. Weiterhin sind nicht mitzuzählen Personen, die aufgrund eines echten Werkvertrages oder als echte Selbstständige für den Arbeitgeber tätig sind, sowie echte Heimarbeiter, echte ehrenamtlich Tätige und Betriebspraktikanten, die nicht in einem Arbeitsverhältnis stehen.[14] Auch sind Geschäftsführer oder Organmitglieder gemäß § 14 Abs. 2 KSchG nicht zu berücksichtigen.

 

Rz. 17

 

Hinweis

Jedes Erstgespräch mit dem Mandanten, der eine Kündigung erhalten hat, sollte u.a. der Aufklärung dienen, ob ein Kleinbetrieb gegeben ist. Häufig kann dies im Erstgespräch nicht abschli...

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