a) Prüfungsmaßstab

 

Rz. 304

Gemäß § 2 und § 4 S. 2 KSchG darf die Änderungskündigung nicht sozial ungerechtfertigt sein; der Prüfungsmaßstab ist der des § 1 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG.

Nach der gesetzlichen Verweisung auf § 1 Abs. 2 S. 1 bis 3 KSchG ist die ordentliche Änderungskündigung sozial ungerechtfertigt, wenn die Änderung nicht durch Gründe in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Es ist dabei zu prüfen, ob das Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer zu den bisherigen Bedingungen entfallen ist.[557]

 

Rz. 305

Als zweiter Prüfungsschritt ist die Frage zu stellen, ob der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Anlass zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur ­solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss.[558] Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat. Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen.[559]

b) Kündigungsgründe

 

Rz. 306

Bei Umstrukturierungen können betriebsbedingte Änderungskündigungen seitens des Arbeitgebers in Betracht kommen. Bei einer Umstrukturierung können betriebsbedingte Gründe vorliegen, nach denen wegen der Veränderung der Tätigkeit, des Arbeitsortes oder der Arbeitszeit eine Änderungskündigung für den Arbeitgeber in Frage kommen kann. Diese dringenden betrieblichen Erfordernisse können ihre Ursache in innerbetrieblichen oder in außerbetrieblichen Ursachen haben.

aa) Entgeltreduzierung

 

Rz. 307

Einseitig ist das Entgelt der Arbeitnehmer in der Krise nur in engen Grenzen zu reduzieren. Auch ohne Änderung der Tätigkeit selbst kann nach der Rechtsprechung des BAG bei gleichbleibender Tätigkeit eine isolierte Absenkung der Vergütung bei Unrentabilität oder Gewinnverfall gerechtfertigt sein, wenn bei Aufrechterhaltung der bisherigen Personalkostenstruktur weitere, betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstehen, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zu einer Schließung führen.[560] Regelmäßig bedarf es deshalb eines umfassenden Sanierungsplans, der alle gegenüber der beabsichtigten Änderungskündigung milderen Mittel ausschöpft.[561] Der Arbeitgeber hat die Finanzlage des Betriebs, den Anteil der Personalkosten, die Auswirkung der erstrebten Kostensenkungen für den Betrieb und für die Arbeitnehmer darzustellen und darzulegen, weshalb andere Maßnahmen nicht in Betracht kommen.[562]

 

Rz. 308

Die Entscheidung, Lohnkosten zu senken, ist für sich betrachtet keine der gerichtlichen Überprüfung entzogene Entscheidung.[563]

In Frage kommt beispielsweise ein Abbau übertariflicher Lohnbestandteile, von Zulagen oder von sonstigen sozialen Leistungen, soweit nicht ein unabdingbarer tariflicher oder gesetzlicher Anspruch auf sie besteht.[564]

 

Rz. 309

Eine Änderungskündigung zur Anpassung vertraglicher Nebenabreden ist nicht an den gleichen Maßstäben zu messen, wie eine Änderungskündigung zur Entgeltsenkung.[565]

Haben die Parteien in einer Nebenabrede an bestimmte Umstände angeknüpft, die erkennbar nicht während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses bestehen bleiben, so kann sich der Arbeitgeber von dieser Nebenabrede nach Eintreten veränderter Umstände durch Ausspruch einer Änderungskündigung lösen.[566]

Diese Grundsätze zur Änderungskündigung mit dem Ziel der Entgelt- bzw. Kostensenkung gelten nicht, wenn sich die Tätigkeit ändert und dies zu einer anderen Eingruppierung bzw. Vergütungsgruppe gehört.

bb) Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz

 

Rz. 310

Die Verlagerung eines Arbeitsplatzes an einen anderen Ort ist regelmäßig ein betriebliches Erfordernis für eine Änderungskündigung, mit der der Einsatz des Arbeitnehmers an dem neuen Betriebsstandort erreicht werden soll.[567] Liegen aufgrund der Stilllegung eines Betriebsteils an sich Gründe für eine Änderungskündigung vor und stehen für eine Weiterbeschäftigung der betroffenen Arbeitnehmer freie Arbeitsplätze an anderen Orten zur Verfügung, die vom bisherigen Arbeitsort räumlich unterschiedlich weit entfernt liegen, hat der Arbeitgeber, wenn die Zahl der am näherliegenden Arbeitsort zur Verfügung...

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