Rz. 12

& 1.

Vor Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens sind die Chancen und Risiken für den Mandanten abzuwägen und mit diesem zusammen mit alternativen Vorgehensweisen zu erörtern.

Da das selbstständige Beweisverfahren gegenüber der sofortigen Klagerhebung mit einem zusätzlichen Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist, spricht zunächst einmal viel für das Klageverfahren. Beachtliche Gründe gegen die sofortige Klageerhebung sind etwa:

Es ist unklar, ob ein Zustand den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht.
Die Klageforderung kann nicht beziffert werden, da die Mangelbeseitigungskosten nicht bekannt sind.
Für den Antragsteller ist es wichtig, die Tatsachenfeststellung zu beschleunigen, weil die Aufrechterhaltung des (mangelhaften) Zustandes nicht zumutbar oder erwünscht ist.
Die Auseinandersetzung beschränkt sich auf die unterschiedliche Beurteilung einer Tatsache und es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die Parteien sich nach Kenntnis der Feststellung des Sachverständigen einigen.
Als Alternative zum selbstständigen Beweisverfahren sollte die Einholung eines Privatgutachtens oder eines Kostenvoranschlages bzw. Angebotes sowie die Durchführung eines Schiedsgutachterverfahrens in Betracht gezogen werden.
 

Rz. 13

& 2.

Um den Mandanten vor falschen Erwartungen zu bewahren, ist ihm von Anfang an deutlich klarzumachen, dass in dem selbstständigen Beweisverfahren keine gerichtliche Entscheidung ergeht, er also ggf. zusätzlich klagen muss. Dem Mandanten muss bewusst gemacht werden, dass ein Klageverfahren mit vorhergehendem selbstständigen Beweisverfahren länger dauert und mehr kostet.

Die Kosten sind oft schwierig zu kalkulieren, weil nicht zuverlässig vorhersehbar ist, welche Streitverkündungen der Antragsgegner ausspricht. Auch die Streithelfer haben die Möglichkeit, dem Antragsteller eine Frist zur Klageerhebung gem. § 494a ZPO setzen zu lassen und ihre Kosten auf diese Weise geltend zu machen.

 

Rz. 14

& 3.

Von besonderer Bedeutung ist die Formulierung geeigneter Beweisfragen. Hierbei sollte versucht werden, die Perspektive des gerichtlichen Sachverständigen einzunehmen und sich kritisch zu fragen, wie dieser die Frage verstehen könnte. Einige Sachverständige sind sehr bemüht, Fragen zu interpretieren, was leicht zu einem Befangenheitsantrag führen kann. Andere beantworten die Fragen nur so, wie sie sie verstehen wollen, was zur Folge hat, dass man mit den Antworten wenig anfangen kann. Zudem muss man damit rechnen, dass die Antragsgegnerseite Formulierungen für unzulässig hält und beantragt, diese nicht zuzulassen, etwa weil sie auf eine Ausforschung gerichtet sind.

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