Rz. 238

Nach § 2 Nr. 2 AEntG finden die Vorschriften über den bezahlten Mindestjahresurlaub auch auf Arbeitsverhältnisse zwischen einem im Ausland ansässigen Arbeitgeber und seinem in der BRD beschäftigten Arbeitnehmer zwingend Anwendung. Danach hat der Arbeitnehmer bei einer 5-Tage-Woche Anspruch auf mindestens 20 Tage bezahlten Jahresurlaub. Steht dem Arbeitnehmer nach dem ausländischen Arbeitsvertrag lediglich ein Urlaubsanspruch von zehn Tagen zu, erhält er über das AEntG einen weiteren Urlaubsanspruch von zehn Tagen. Von dieser Regelung können die Arbeitsvertragsparteien auch nicht durch Vereinbarung abweichen.

Fraglich und problematisch ist, inwieweit die übrigen Regelungen des BUrlG Anwendung finden. So stellt sich die Frage, ob dem Arbeitnehmer der volle Urlaubsanspruch erstmals nach sechsmonatiger Tätigkeit in der BRD zusteht oder ob insoweit die Beschäftigungszeiten bei dem Arbeitgeber im Ausland angerechnet werden. Sachgerecht ist es, dem ausländischen Arbeitnehmer in den ersten sechs Monaten lediglich den Urlaubsanspruch zuzugestehen, der ihm nach dem ausländischen Arbeitsvertrag bzw. den ausländischen Urlaubsregelungen zusteht. Auch wenn das ausländische Urlaubsrecht im Wesentlichen mit dem deutschen vergleichbar ist, kann nicht anders entschieden werden. Gerade in diesen Fällen muss weiterhin das ausländische Urlaubsrecht Anwendung finden. Sollte dem Arbeitnehmer hingegen im Einzelfall nach dem ausländischen Urlaubsrecht bzw. dem Arbeitsvertrag nicht einmal ein Teilurlaub i.S.d. § 5 BUrlG zustehen, wird man ihm insoweit einen solchen Anspruch über das BUrlG geben müssen.

 

Rz. 239

Die übrigen Vorschriften des BUrlG, wie bspw. die Regelungen über den Zeitpunkt der Geltendmachung des Urlaubs, die Möglichkeit der Übertragung des Urlaubs in das nächste Kalenderjahr, die Regelungen über die Urlaubsabgeltung (§ 7 BUrIG), die Erwerbstätigkeit während des Urlaubs (§ 8 BUrIG) oder die Erkrankung während des Urlaubs (§ 9 BUrIG) können auf ein Arbeitsverhältnis, das ausländischem Recht unterliegt, zwischen einem im Ausland ansässigen Arbeitgeber und einem in Deutschland tätigen Arbeitnehmer keine Anwendung finden. Für eine solche Ausdehnung ergeben sich keine Anhaltspunkte im AEntG. Dieses spricht vielmehr ausdrücklich nur von den Regelungen über den bezahlten Mindesturlaub. Der Gesetzgeber wollte den Arbeitnehmern lediglich diesen Mindestschutz gewähren, die einzelnen Modalitäten der Urlaubsgewährung aber weiterhin dem Arbeitsvertragsstatut bzw. dem ausländischen Urlaubsrecht überlassen.

Ein weiteres Problem ergibt sich in Fällen, in denen der Arbeitnehmer eine gewisse Zeit in Deutschland tätig gewesen ist, keinen Urlaub genommen hat und dann wieder ins Ausland zurückkehrt. Kann er in diesen Fällen den in Deutschland erworbenen Mindesturlaubsanspruch als "erworbene Anwartschaft" auch im Ausland ggü. seinem Arbeitgeber geltend machen? Diese Frage dürfte zu bejahen sein. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, warum dem Arbeitnehmer dieser Urlaubsanspruch durch die Rückkehr ins Ausland verlustig gehen sollte.

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