a) Arbeitsrechtlicher Arbeitnehmerbegriff

 

Rz. 29

Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Dementsprechend ist ein Arbeitsverhältnis anzunehmen, wenn die Leistung von Diensten nach Weisung des Dienstberechtigten und gegen Zahlung von Entgelt Schwerpunkt des durch privatrechtlichen Vertrag begründeten Rechtsverhältnisses ist.[39] Heimarbeiter sind anders als Beschäftigte im Homeoffice mangels der erforderlichen persönlichen Abhängigkeit keine Arbeitnehmer im Sinne des allgemeinen Arbeitnehmerbegriffs.[40] Das BAG hat in einer umfangreichen Rechtsprechung Abgrenzungskriterien und Rechtsgrundsätze entwickelt, nach denen zwischen dem Arbeitnehmer einerseits und dem selbstständigen, freien Mitarbeiter andererseits zu unterscheiden ist.[41] Arbeitnehmer sind Verbraucher i.S.v. § 13 BGB.[42]

[41] BAG 13.11.1991, AP Nr. 60 zu § 611 BGB Abhängigkeit; BAG 20.7.1994, AP Nr. 73 zu § 611 BGB Abhängigkeit; BAG 26.7.1995 – 5 AZR 21/22/23/94, AP Nr. 79 zu § 611 BGB Abhängigkeit; LAG Köln 30.6.1995, AP Nr. 80 zu § 611 BGB Abhängigkeit; ArbG Nürnberg 21.7.1996, NZA 1997, 37; BAG 6.5.1998, NZA 1998, 873; BAG 30.9.1998, NZA 1999, 374; BAG 11.10.2000 – 5 AZR 289/99; BAG 20.1.2010 – 5 AZR 106/09, BeckRS 2010, 67436; zur Ausprägung der Abgrenzungskriterien im Einzelnen Küttner-Röller, Personalbuch 2020, Freie Mitarbeit Rn 2 ff.

b) Organe von Kapitalgesellschaften

 

Rz. 30

Der EuGH weitet den Schutz von Schwangeren auf Organe von Kapitalgesellschaften aus.[43] Das OLG Köln[44] bejaht die Anwendung des AGG auf einen GmbH-Geschäftsführer. Das ArbG Bonn[45] hat die Anwendung des KSchG auf den Fremdgeschäftsführer einer GmbH abgelehnt. Der Geschäftsführer einer GmbH ist nach Auffassung des BAG[46] jedenfalls dann Verbraucher i.S.d. § 13 BGB, wenn er nicht zugleich als Gesellschafter über zumindest eine Sperrminorität verfügt und Leitungsmacht über die Gesellschaft ausüben kann. Der Fremdgeschäftsführer einer GmbH nimmt Arbeitgeberfunktionen wahr und ist deshalb keine arbeitnehmerähnliche, sondern eine arbeitgeberähnliche Person.[47]

Die Frage des Zugangs zu den Gerichten für Arbeitssachen und der Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche der nationalen Gerichte fällt nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts. Auszugehen ist deshalb vom allgemeinen nationalen und nicht von einem unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff. Der Geschäftsführer einer GmbH wird für diese in aller Regel auf der Grundlage eines freien Dienstvertrags, nicht eines Arbeitsvertrags tätig. Sein Dienstvertrag ist auf eine Geschäftsbesorgung durch Ausübung des Geschäftsführeramts gerichtet. Ein Arbeitsverhältnis eines Geschäftsführers setzt voraus, dass die Gesellschaft eine – über ihr gesellschaftsrechtliches Weisungsrecht hinausgehende – Weisungsbefugnis auch bezüglich der Umstände hat, unter denen der Geschäftsführer seine Leistung zu erbringen hat, und die konkreten Modalitäten der Leistungserbringung durch arbeitsbegleitende und verfahrensorientierte Weisungen bestimmen kann.[48]

 

Rz. 31

Sozialversicherungsrechtlich gilt Folgendes: Geschäftsführer einer GmbH, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind (sog. Fremdgeschäftsführer), sind ausnahmslos abhängig beschäftigt. Gesellschafter-Geschäftsführer sind aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung nur dann selbstständig tätig, wenn sie mindestens 50 v.H. der Anteile am Stammkapital halten oder ihnen bei geringerer Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine "echte"/"qualifizierte" Sperrminorität eingeräumt ist. Eine "echte"/"qualifizierte" Sperrminorität setzt voraus, dass sie nicht auf bestimmte Angelegenheiten der Gesellschaft begrenzt ist, sondern uneingeschränkt die gesamte Unternehmenstätigkeit umfasst. Außerhalb des Gesellschaftsvertrags (Satzung) zustande gekommene, das Stimmverhalten regelnde Vereinbarungen (Abreden) sind bei der Bewertung der Rechtsmachtverhältnisse nicht zu berücksichtigen.[49]

[43] EuGH 11.11.2010 – C-232/09 (Danosa), NZA 2011, 143 ff.; vgl. dazu Fischer, NJW 2011, 2329 ff.; Reinhard/Bitsch, ArbRB 2011, 241 ff.; Wilsing/Meyer, DB 2011, 341 ff.
[45] ArbG Bonn FA 2016, 134 ff.

c) Arbeitnehmerähnliche Personen

 

Rz. 32

Arbeitnehmerähnliche Personen sind Selbstständige, die nach § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG als Arbeitnehmer gelten. Sie unterscheiden sich von Arbeitnehmern durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit. Arbeitnehmerähnliche Personen sind – in der Regel wegen ihrer fehlenden oder gegenüber Arbeitnehmern geringeren Weisungsgebundenheit, oft auch wegen fehlender oder geringerer Eingliederung in eine betriebliche Organisation – in wesentlich geringerem Maße persönlich abhängig als Arbeitnehmer. An die Stelle der persönlichen Abhängigkeit tritt da...

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