Rz. 183

Das Berufungsgericht meinte, bereits zum Unfallzeitpunkt seien die Schadensersatzansprüche von N. auf alle in Betracht kommenden Sozialversicherungsträger übergegangen, soweit es denkbar gewesen sei, dass diese aufgrund des Unfallereignisses später einmal Leistungen zu erbringen hätten. Daher seien Schadensersatzansprüche damals auch auf die Klägerin übergegangen. Durch den Vergleich seien nur die auf die LVA übergegangenen Ansprüche abgegolten worden. Das gelte auch hinsichtlich der später von der Klägerin erbrachten Leistungen. Unabhängig davon, ob die LVA und die Klägerin Gesamtgläubiger seien, würden Ansprüche der Klägerin von dem Vergleich nicht erfasst.

 

Rz. 184

Das angefochtene Urteil hielt der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

 

Rz. 185

Zutreffend ging das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass Ersatzansprüche des Versicherten N. gemäß § 116 Abs. 1, 10 SGB X bereits im Unfallzeitpunkt auf die Klägerin übergegangen waren.

 

Rz. 186

Soweit es um einen Träger der Sozialversicherung geht, findet der in § 116 Abs. 1 SGB X normierte Anspruchsübergang in aller Regel bereits im Zeitpunkt des schadenstiftenden Ereignisses statt, da aufgrund des zwischen dem Geschädigten und dem Sozialversicherungsträger bestehenden Sozialversicherungsverhältnisses von vornherein eine Leistungspflicht in Betracht kommt (vgl. dazu BGHZ 19, 177, 178 und 48, 181, 186 f.). Knüpfen hingegen Sozialleistungen, wie dies nicht nur beim Sozialhilfeträger, sondern auch bei der Bundesagentur für Arbeit insbesondere bei Rehabilitationsleistungen der Fall ist, nicht an das Bestehen eines Sozialversicherungsverhältnisses an, ist für den Rechtsübergang erforderlich, dass nach den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls eine Leistungspflicht ernsthaft in Betracht zu ziehen ist (vgl. im Einzelnen Senatsurt. BGHZ 127, 120, 126; 133, 129, 134 f. und v. 16.10.2007 – VI ZR 227/06, VersR 2008, 275, 276). Je nach der gegebenen tatsächlichen Sachlage kann sich daher der Anspruchsübergang auf den Sozialhilfeträger bereits im Unfallzeitpunkt, möglicherweise aber auch erst erheblich später vollziehen. Letzteres ist etwa dann der Fall, wenn die Bedrohung der Sicherung des Arbeitsplatzes durch die Behinderung des Verletzten infolge einer zunächst nicht voraussehbaren Verschlimmerung der Unfallfolgen erst zu einem späteren Zeitpunkt eintritt (Senatsurt. BGHZ 127, 120, 126 f.).

 

Rz. 187

Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen konnte nicht zweifelhaft sein, dass im vorliegenden Fall mit der Leistungspflicht der Klägerin im dargestellten Sinne bereits im Unfallzeitpunkt ernsthaft zu rechnen war. Aufgrund der Schwere der Verletzungen des Versicherten N., die dieser u.a. im Knie- und Beckenbereich erlitten hatte, bestand von vornherein die nahe liegende Gefahr, dass er eines Tages nicht mehr imstande sein könnte, den angestrebten Beruf des Heizungs- und Lüftungsbauers auszuüben. Mit Rücksicht darauf war seit dem Unfallzeitpunkt jedenfalls mit der Notwendigkeit einer Umschulung zu rechnen. Dies zeigte sich gerade daran, dass die LVA und die Beklagte zu 2 bei Abschluss des Abfindungsvergleichs Kosten für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in ihre Berechnungen einbezogen haben. Zwar mögen beide damals übereinstimmend davon ausgegangen sein, dass solche Leistungen unmittelbar im Anschluss an die medizinische Rehabilitation und deshalb von der LVA erfolgen würden. Dies bedeutete indessen nicht, dass deshalb mit einer Leistungspflicht der Klägerin von vornherein nicht zu rechnen gewesen wäre. Angesichts der Schwere der Unfallverletzungen bestand vielmehr von Anfang an die Gefahr, dass auch die Klägerin zu einem späteren Zeitpunkt eintrittspflichtig werden könnte.

 

Rz. 188

Entgegen der Auffassung der Revision konnte aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ein Anspruchsübergang auf die Klägerin nicht mit der Begründung verneint werden, diese sei für Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation von N. nicht zuständig gewesen und habe ihre Leistungen deshalb ohne Rechtsgrund erbracht.

 

Rz. 189

Für Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation können sowohl die gesetzliche Rentenversicherung als auch die Bundesagentur für Arbeit (früher: Bundesanstalt für Arbeit) zuständig sein. Dabei ist die Zuständigkeit der Bundesagentur (bzw. Bundesanstalt) für Arbeit im Verhältnis zur Zuständigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich subsidiär. Das ergab sich für die Zeit bis zum 31.12.1997 aus der Vorschrift des § 57 AFG, nach der die Bundesanstalt für Arbeit berufsfördernde und ergänzende Leistungen nur gewähren durfte, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger im Sinne des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation vom 7.8.1974 (BGBl I S. 1881) zuständig war. Heute folgt die Subsidiarität aus § 22 Abs. 2 S. 1 SGB III. Danach darf die Bundesagentur für Arbeit allgemeine und besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur erbringen, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger im Sinne des SG...

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