Rz. 71

Modul N gibt die Möglichkeit, Anträge auf Einholung von Auskünften Dritter nach § 802l ZPO über den Gerichtsvollzieher zu beauftragen.

Der Gläubiger kann unter den weiteren Voraussetzungen des § 802l ZPO bei dem Gerichtsvollzieher beantragen,

1. den Namen und den Vornamen oder der Firma sowie der Anschrift der derzeitigen Arbeitgeber des Schuldners bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung und bei einer berufsständischen Versorgungseinrichtung i.S.d. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch zu erheben;
2. das Bundeszentralamt für Steuern zu ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Abs. 1 und 1a der Abgabenordnung bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b der Abgabenordnung, abzurufen (§ 93 Abs. 8 der Abgabenordnung);
3. Fahrzeug- und Halterdaten nach § 33 Abs. 1 des Straßenverkehrsgesetzes beim Kraftfahrt-Bundesamt zu einem Fahrzeug, als dessen Halter der Schuldner eingetragen ist, zu erheben,

wenn und soweit dies für Zwecke der Zwangsvollstreckung erforderlich ist.

 

Hinweis

Daten, die für die Zwecke der Vollstreckung nicht erforderlich sind, hat der Gerichtsvollzieher nach § 802l Abs. 2 ZPO unverzüglich zu löschen oder deren Verarbeitung einzuschränken, wobei die Löschung zu protokollieren ist. Dies führt in der Praxis immer wieder zu Streitfragen mit den Gerichtsvollziehern, weil Teile der Auskünfte geschwärzt werden. Nicht immer erkennen Gerichtsvollzieher die Relevanz einzelner Informationen für die weitere Zwangsvollstreckung. So musste erst der BGH[24] entscheiden, dass dazu auch Einkünfte des Schuldners, die auf das Konto eines Dritten überwiesen werden, gehören. Außerdem bestehe, so der BGH, möglicherweise ein pfändbarer Anspruch des Schuldners gegen den Dritten, wenn er über dessen Konto seinen Zahlungsverkehr abwickelt und für das Drittkonto verfügungsberechtigt ist. In Betracht komme außerdem ein pfändbarer Herausgabeanspruch nach § 667 BGB.[25] Der Gläubiger kann die Angaben des Schuldners in der Vermögensauskunft hinsichtlich solcher pfändbaren Ansprüche nur prüfen oder diese bei Nichtabgabe der Vermögensauskunft ermitteln und zur Zwangsvollstreckung nutzen, wenn er die Information über solche Verfügungsberechtigungen des Schuldners über Konten Dritter erhält. All das haben viele Gerichtsvollzieher vor dem Hintergrund der einbezogenen Dritten nicht erkannt und solche Angaben geschwärzt. Die Auseinandersetzung um solche Fragen ist mühsam und aufwändig und vor dem Hintergrund der geringen 0,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG auch in der Regel nicht mehr wirtschaftlich darzustellen. Nicht zuletzt deshalb verzichten viele Rechtsanwälte auf die Einholung solcher Auskünfte und unterziehen sich Inkassodienstleister nur bei Vereinbarung einer Erfolgsprovision dieser Mühe.

 

Tipp

Auf aktuelle Rechtsprechung in diesem Sinne kann der Gerichtsvollzieher allerdings im letzten Textfeld des Moduls N hingewiesen werden.

 

Rz. 72

Voraussetzung der Einholung Auskünfte Dritter ist zunächst, dass die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft an den Schuldner nicht zustellbar ist und die Anschrift, unter der die Zustellung ausgeführt werden sollte, mit der Anschrift übereinstimmt, die von einer der in § 755 Abs. 1 und 2 ZPO genannten Stellen innerhalb von drei Monaten vor oder nach dem Zustellungsversuch mitgeteilt wurde, oder die Meldebehörde nach dem Zustellungsversuch die Auskunft erteilt, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Schuldners bekannt ist, oder die Meldebehörde innerhalb von drei Monaten vor Erteilung des Vollstreckungsauftrags die Auskunft erteilt hat, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Schuldners bekannt ist. Gleiches gilt als alternative Voraussetzung, wenn der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft in dem dem Antrag nach § 802l ZPO zugrunde liegenden Vollstreckungsverfahren nicht nachkommt oder – als dritte Möglichkeit –, wenn bei einer Vollstreckung in die in der Vermögensauskunft aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers nicht zu erwarten ist. Liegt eine der drei Alternativen vor, können die Drittauskünfte eingeholt werden.

 

Rz. 73

Mit der Überarbeitung von § 802l ZPO zum 1.1.2022 hat der Gesetzgeber den Anwendungsbereich erheblich eingeschränkt bzw. die Einholung der Drittauskünfte erheblich verteuert, da der Rückgriff auf die Ergebnisse einer von einem anderen Gläubiger beantragten Abnahme der Vermögensauskunft nicht mehr möglich ist und bereits eingeholte ältere Auskünfte bei neuen Anfragen binnen drei Monaten weitergegeben werden können. Was sich als vermeintlicher Schuldnerschutz darstellt, verteuert die Zwangsvollstreckung für den vorleistungspflichtigen Gläubiger wie für den erstattungspflichtigen Schuldner, beeinträchtigt die verfassungsrechtlich verbürgte Effektivität der Zwangsvollstreckung und damit die Eigentumsrechte des Gläubigers nach Art. 14 DSGVO und ist sachlich nicht gerechtfertigt.

 

Hinweis

Nach § 802l Abs. 1 S. 1 ZPO erhobene Daten, die in...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge