1. Heimcharakter

 

Rz. 21

Eine besondere Ausprägung hat der Spezialcharakter von Anlagen in den letzten Jahren in der Form des "Betreuten Wohnens" gefunden. Ziel dieser Wohnform ist es, den Umzug älterer Menschen in Alten- und Pflegeheime zu verhindern, aber gleichwohl seniorengerechtes Wohnen zu ermöglichen.[13] Regelmäßig ist gewünscht, durch Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung eine Bewohnerstruktur sicherzustellen, die zu dem baulichen und infrastrukturellen Konzept der Anlage passt. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten: Die Abgrenzung von sachenrechtlichen und/oder nur schuldrechtlichen Abreden bereitet im Einzelfall große Probleme. Auch sachenrechtlich mögliche Beschränkungen haben ihre Grenzen: So ist z.B. eine Verpflichtung, Betreuungsverträge mit einer Bindung von mehr als zwei Jahren abzuschließen, nach Auffassung des BGH sachenrechtlich unwirksam.[14] In Fortführung dieser bisherigen Rechtsprechung hat der BGH im Jahr 2019 entschieden, dass ein Zwang zur Kontrahierung, der die Wohnungseigentümer zum Abschluss von Betreuungsverträgen mit einer Bindung von mehr als zwei Jahren verpflichtet und ihnen/der WEG keinen angemessenen Spielraum belässt, die Verträge interessengerecht auszugestalten, der Inhaltskontrolle weder nach dem Maßstab von § 309 Nr. 9 lit. a BGB noch § 242 BGB (Treu und Glauben) standhält.[15] Diese Rechtsprechung beschränkt in vielfacher Hinsicht langfristig wirkende dingliche Regelungen.[16] Unter das frühere Heimgesetz fiel eine solche Teilung nur unter engen Voraussetzungen.[17]

[13] Siehe auch Rapp, notar 2013, 359.
[14] BGH NJW 2007, 215; BGH Urt. v. 21.12.2012 – V ZR 221/11; siehe auch BGH Urt. v. 10.1.2019 III ZR 37/18 – juris; dazu auch v. Türckheim, notar 2020, 99, 106.
[15] BGH Urt. v. 10.1.2019 III ZR 37/18 – juris; dazu v. Türckheim, notar 2020, 99, 106; Hügel/Elzer, WEG § 10 Rn 114.
[16] Kritisch Michel/Schlüter/Henniges, Betreutes Wohnen, S. 150 ff.
[17] § 1 Abs. 2 HeimG a.F.; DNotI-Report 2002, 7.

2. Nutzungsregelungen

 

Rz. 22

Grundsätzlich sind mit dinglicher Wirkung umfassende Nutzungsregelungen möglich (zu den Grenzen allerdings vgl. Rdn 21).[18] Tendenziell ist allerdings eher davon abzuraten, den verdinglichungsfähigen Teil der Gemeinschaftsordnung zu überfrachten. Zur Gewährleistung der nötigen Zukunftsoffenheit und Flexibilität sind in der Regel schuldrechtliche Nebenvereinbarungen besser geeignet.

[18] Siehe insbesondere BGH NJW 2007, 215.

3. Schuldrechtliche Bedingungen

 

Rz. 23

Das Muster spricht ausdrücklich von rein schuldrechtlichen Vereinbarungen. Diese sind flexibler, insbesondere wenn eine sich später als unzweckmäßig erweisende Nutzungsregelung geändert werden soll. Problematisch war hier die Rechtsnachfolge; durch schuldrechtliche Weitergabeverpflichtungen nebst entsprechender Schadensersatzbewehrung, Pacht- und Mietverträge, die auch das Sondereigentum betreffen, Dienst- und Werkleistungsverträge, die im Falle der Nichtweiterleitung fortgelten, ließ sich jedoch im Wesentlichen ein Konstrukt herbeiführen, das den Spezialcharakter der Anlage auf schuldrechtlicher Ebene absicherte.

Solche Unsicherheiten bei der Rechtsnachfolge entfallen, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entsprechende Verträge schließt, etwa den Vertrag mit dem Betreuungsunternehmen.[19] Nach der WEG-Reform kann diesen Vertrag nun auch der aufteilende Eigentümer für die Gemeinschaft abschließen ("Ein-Personen-Gemeinschaft"), es müssen jedoch der Vertrag – und etwaige weitere Verträge –, deren Besonderheiten und Laufzeiten in jedem Verkaufsvertrag ausdrücklich genannt werden.

[19] Siehe Hügel/Elzer, WEG § 10 Rn 114.

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