Rz. 146

Im Finanzgerichtsprozess gelten aber die Grundsätze der objektiven Beweislast (Feststellungslast).[206] Zwar gibt es im öffentlichen Recht und insbesondere im Steuerrecht keine ausdrücklichen Vorschriften zur Beweislast. Aber der Grundsatz im Finanzgerichtsprozess ist unangefochten, dass jeder Beteiligte die Beweislast für das Vorhandensein aller (auch der negativen) Voraussetzungen der Normen trägt, ohne deren Anwendung ein Prozessbegehren keinen Erfolg haben kann. Die objektive Beweislast für steuerbegründende Tatsachen trägt grds. die Finanzbehörde.[207] Der Steuerpflichtige trägt demgegenüber die objektive Beweislast für die Tatsachen, die Steuerbefreiungen, Steuerermäßigungen und sonstige Steuervergünstigungen begründen oder den Steueranspruch aufheben oder einschränken.[208]

 

Rz. 147

Will z.B. das Finanzamt einen bestandskräftigen Steuerbescheid wegen neuer Tatsachen gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ändern, so trägt es grds. die objektive Beweislast (Feststellungslast) dafür, dass die für die Änderung des Bescheides erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen vorliegen, insbesondere dafür, dass diese neu sind; nur ausnahmsweise soll sich die Beweislast ändern, wenn der Steuerpflichtige schuldhaft und vorwerfbar den angegriffenen Steuerbescheid durch unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt hat oder wenn er, ohne Rücksicht auf Verschulden, Tatsachen verschwiegen hat, die anzugeben im Wesentlichen nur er in der Lage wäre.[209]

[206] BFH v. 10.8.1988, BStBl II 1989, 987; BFH v. 19.1.1994, BFH/NV 2005, 181; zur Beweisvorsorgepflicht vgl. auch BFH v. 13.3.2007, BFH/NV 2007, 1138.
[207] Dies gilt auch dann, wenn die Frage, ob ein Feststellungsbescheid erlassen wurde, unaufklärbar ist, weil die Feststellungsakten bei dem zuständigen Finanzamt nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren offenbar ausgesondert wurden, BFH v. 25.7.2000, BStBl II 2001, 9.
[208] St. Rspr. seit BFH v. 24.6.1976, BStBl II 1976, 562; vgl. auch BFH BStBl II 2011, 419, 426; BStBl II 2011, 661 664; allgemein, auch zu Durchbrechungen des Grundsatzes nach der Rspr. durch die Grundsätze der "Beweisnähe" oder "Verantwortungssphäre", Tipke/Kruse, § 96 FGO Rn 83 ff., m. zahlreichen Bsp. u. Nachw.
[209] BFH v. 19.5.1998, BStBl II 1998, 559.

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