Rz. 7

So kann die Zurückweisung der Kündigungserklärung gem. § 174 S. 1 BGB Erfolg versprechen. Dazu ist zunächst festzustellen, ob die Kündigung nicht vom Arbeitgeber selbst bzw. von dessen Organvertreter, sondern von einem (vermeintlich oder tatsächlich) Bevollmächtigten ausgesprochen worden ist. Weiter ist zu prüfen, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von der Bevollmächtigung dessen, der die Kündigung erklärt hat, in Kenntnis gesetzt hat. Hierfür genügt es, wenn der Arbeitgeber den Kündigenden in eine Position berufen hat, die üblicherweise mit dem Recht des Ausspruchs von Kündigungen verbunden ist. Das ist etwa dann der Fall, wenn es sich um einen alleinvertretungsberechtigten, im Handelsregister eingetragenen Prokuristen[1] (besteht lediglich Gesamtvertretungsbefugnis und unterzeichnet der Prokurist allein, ist Zurückweisung möglich)[2] oder um ein kraft Richtlinie alleinvertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied[3] handelt. Zum Ausspruch von Kündigungen kraft seiner Stellung berufen ist insbesondere der Leiter der Personalabteilung,[4] auf die Sachbearbeiter einer Personalabteilung kann dieser Grundsatz hingegen nicht übertragen werden.[5] Im Hinblick auf Niederlassungs-,[6] Bereichs-[7] oder Stationsleiter[8] liegen unterschiedliche, jeweils auf den Einzelfall abstellende, obergerichtliche Entscheidungen vor. § 174 BGB findet auch im öffentlichen Dienst Anwendung.[9] Aus der Berechtigung zur Erteilung von Weisungen und auch von Abmahnungen lässt sich nicht auf eine Kündigungsbefugnis schließen. Auch eine Befugnis zur Einstellung kann grundsätzlich nicht ohne Weiteres gleichgesetzt werden mit der möglichen Befugnis zur Kündigung, weil diesbezügliche Bevollmächtigungen auseinanderfallen können.[10] Die Mitteilung der Bevollmächtigung zu einer Kündigung i.S.d. § 174 S. 2 BGB kann auch schon im (Formular-)Arbeitsvertrag enthalten sein.[11] Allerdings reicht für ein Inkenntnissetzen i.S.d. § 174 S. 2 BGB die bloße Mitteilung im Arbeitsvertrag, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Funktion kündigen dürfe, nicht aus; vielmehr ist ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers erforderlich, aufgrund dessen es dem Empfänger der Kündigungserklärung möglich ist, der ihm genannten Funktion, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist, die Person des jeweiligen Stelleninhabers zuzuordnen.[12] Ist eine wirksame Inkenntnissetzung i.S.d. § 174 S. 2 BGB hingegen nicht erfolgt, muss weiter geprüft werden, ob der Bevollmächtigte seiner Kündigung eine Vollmachtsurkunde beigefügt hat. Hierbei reicht die Vorlage einer Abschrift oder auch einer beglaubigten Abschrift der Vollmacht nicht aus, sie muss vielmehr im Original beigefügt sein, was auch für die Kündigung durch einen Rechtsanwalt gilt.[13] Der Erklärungsempfänger ist auch dann i.S.v. § 174 S. 2 BGB von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt, wenn eine früher vorgelegte, den Anforderungen des § 174 S. 1 BGB genügende Vollmacht sich auch auf das später vorgenommene einseitige Rechtsgeschäft erstreckt, etwa auf eine Folgekündigung, sofern dem Erklärungsempfänger nicht zwischenzeitlich vom Vollmachtgeber das Erlöschen der Vollmacht angezeigt worden ist.[14] Lohnend ist – für den Fall, dass eine Originalvollmacht beigefügt wurde – die inhaltliche Prüfung dieser Vollmacht dahingehend, ob sie ihrem Inhalt nach zu der Vornahme des Rechtsgeschäfts der streitgegenständlichen Kündigung berechtigt.

 

Rz. 8

Ergibt die Prüfung, dass eine Zurückweisung Aussicht auf Erfolg besitzt, muss der Anwalt des Arbeitnehmers für ein unverzügliches Zurückweisungsschreiben Sorge tragen, um die Rechte seines Mandanten umfassend zu wahren. Das sollte in jedem Fall durch ein getrennt von der Kündigungsschutzklage aufgesetztes und unmittelbar an den Arbeitgeber gerichtetes Schreiben erfolgen, dessen Zugang – und Zugangszeitpunkt – nötigenfalls bewiesen werden können muss. Bei der Abfassung des Zurückweisungsschreibens ist darauf zu achten, dass die Kündigung gerade wegen der Nichtvorlage einer (Original-)Vollmachtsurkunde zurückgewiesen wird (vgl. § 174 S. 1 BGB a.E.). Verneint der Arbeitnehmer nur die Kündigungsbefugnis desjenigen, der die Kündigung ausgesprochen hat, und bezweifelt er damit das Vorliegen einer wirksamen Bevollmächtigung, ohne aber deren Nachweis (in Gestalt einer Vollmachtsurkunde) zu fordern, reicht dies nicht als Zurückweisung i.S.d. § 174 S. 1 BGB aus.[15] Viele Mandanten werden damit überfordert sein. Der Anwalt hat dann die Möglichkeit, den Entwurf eines Zurückweisungsschreibens für den Mandanten zu fertigen, mittels dessen der Mandant die Zurückweisung in eigenem Namen tätigt, dieses Schreiben vom Mandanten unterschreiben zu lassen und – sinnvollerweise – selbst die nachweisbare Zustellung dieses Schreibens an den Arbeitgeber zu übernehmen. Der Anwalt kann die Zurückweisung auch im eigenen Namen aussprechen, muss dabei aber darauf achten, nicht den regelmäßig zu großen Heiterkeitserfolgen führenden Fehler zu begehen, in Wiederholung der Herangehensweise des Arbeitgebers dem...

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