Rz. 320

In seiner älteren Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass das Mitverschulden des Verletzten dem Sozialversicherungsträgers nicht entgegengesetzt werden könne.[396] Diese Auffassung stützte sich darauf, dass es sich bei § 640 RVO a.F. nicht um einen abgeleiteten Regressanspruch, sondern um einen originären Ersatzanspruch handele.[397]

 

Rz. 321

Nach dem in § 110 SGB VII enthaltenen Gesetzeswortlaut haften Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt ist, bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls ebenfalls für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen, "jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs". Nach der im Gesetzgebungsverfahren abgegebenen Begründung sollte die Haftung mit Einführung des § 110 SGB VII auf den Umfang des Schadensersatzes beschränkt werden, den der Verpflichtete zivilrechtlich hätte leisten müssen.[398] Darin lag die Zielsetzung der Neuregelung gegenüber § 640 RVO a.F., die im Übrigen an das Vorgängerrecht anknüpfen sollte. Anders ausgedrückt: Gegenüber der früheren Rechtslage, wonach dem Sozialversicherungsträger sämtliche Aufwendungen ersetzt wurden, zielte die Gesetzesänderung darauf ab, die Haftung des Unternehmers auf den Umfang seiner zivilrechtlichen Haftung zu beschränken.[399] Dann ist es aber auch folgerichtig, das Mitverschulden des Geschädigten in die Anspruchsprüfung mit einzubeziehen.

Zum Mitverschulden vgl. auch § 18 Rdn 1 ff.

 

Rz. 322

Hinzuweisen bleibt darauf, dass sich der Anspruch aus § 110 SGB VII aus eigenem Mitverschulden des Versicherungsträgers mindern kann. Denkbar wäre z.B., dass der Technische Aufsichtsbeamte der Berufsgenossenschaft unrichtige Anweisungen erteilt, die zusammen mit einem schweren Verschulden des Unternehmers zu einem Unfall führen.

[396] BGH, VersR 1972, 171; BGH, VersR 1973, 818.
[397] Zu den rechtspolitischen Fragestellungen vgl. BGH, Urt. v. 27.6.2006 – VI ZR 143/05, BGHZ 168, 161 = NJW 2006, 3563 = VersR 2006, 1429 = MDR 2007, 150.
[398] Vgl. BT-Drucks 13/2204 S. 101.
[399] BGH, Urt. v. 27.6.2006 – VI ZR 143/05, BGHZ 168, 161 = NJW 2006, 3563 = VersR 2006, 1429 = MDR 2007, 150.

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