Rz. 51

Vom Haftungsprivileg erfasst sind allein Personenschäden, die nach "anderen gesetzlichen Vorschriften" gegeben sind. Betroffen sind alle denkbaren Haftungsgründe des bürgerlichen und öffentlichen Rechts. In erster Linie handelt es sich um Ansprüche aus unerlaubter Handlung (auch aus Amtspflichtverletzung),[46] aus Verträgen (z.B. Beförderungsvertrag),[47] aus dem Haftpflichtgesetz, dem Straßenverkehrsgesetz oder dem Luftverkehrsgesetz einschließlich dem sog. Warschauer Abkommen.[48]

 

Rz. 52

Der Personenschaden umfasst grundsätzlich alle, auch mittelbaren Vermögensbeeinträchtigungen, wenn sie durch die Verletzung oder Tötung eines Menschen verursacht werden; hierunter fällt jeder mittelbare materielle Vermögensschaden als Folge der Körperverletzung.[49]

 

Rz. 53

Hierzu gehören die Schäden, die ihre Grundlage in einem Gesundheitsschaden haben und unmittelbar aus der Körperverletzung entstehen (z.B. Heilbehandlungskosten), ferner Nachteile, die sich als Folge der Körperverletzung ergeben, z.B. Lohnausfall, Ausfall für vermehrte Bedürfnisse, Kosten für Ersatzkräfte,[50] im Todesfall entgangener Unterhalt und Bestattungskosten.[51]

 

Rz. 54

Vom Haftungsprivileg erfasst und damit ausgeschlossen ist der Anspruch auf Schmerzensgeld.[52]

 

Rz. 55

Im Verhältnis zum Sozialversicherungsträger behält der Geschädigte den Anspruch auf Schmerzensgeld. Da dem Anspruch keine kongruente Leistung des Sozialversicherungsträgers gegenübersteht, wird er vom Forderungsübergang nach § 116 SGB X nicht erfasst. Im Verhältnis zum schädigenden Unternehmer oder Betriebsangehörigen steht dem Geschädigten ein Anspruch auf Schmerzensgeld (Personenschaden) nicht zu, obwohl er vom Sozialversicherungsträger keine kongruente Leistung erhält.

 

Rz. 56

Diese Regelung verstößt nicht gegen das Grundgesetz.[53] Danach verstößt der Ausschluss des Schmerzensgeldanspruchs durch §§ 636, 637 RVO auch bei Schwerstverletzten nicht gegen das Grundgesetz. Ausweislich der Gründe war die Erwägung maßgebend, dass der Wegfall des Schmerzensgeldanspruchs spätestens seit dem RRG 1992 auch bei Arbeitsunfällen mit schweren Verletzungen dadurch aufgewogen wird, dass beim Zusammentreffen von Verletztenrente und EU-Rente ein Betrag anrechnungsfrei bleibt, der der jeweiligen Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) entspricht. Um diesen Betrag übersteigt die Gesamtrente den letzten Nettoverdienst, wodurch zumindest ein Teil des immateriellen Schadens ausgeglichen ist.[54]

[46] Vgl. BGH, VersR 1973, 818.
[47] Vgl. auch BGH, VersR 1965, 806.
[48] Zu § 4 EFZG a.F. vgl. OLG Köln, VersR 1974, 597.
[50] Z.B. OLG Oldenburg VersR 1967, 900; OLG Düsseldorf, VersR 1980, 269.
[51] BAG NJW 1989, 2838. Ausfall von Eigenleistungen beim Bau eines Eigenheims: BGH, VersR 1989, 857; OLG Köln, VersR 1969, 153.
[52] Siehe dazu umfassend BGH, Urt. v. 4.6.2009 – III ZR 229/07, NJW 2009, 2956 = BGHReport 2009, 986 m.w.N.
[53] BGH, Urt. v. 4.6.2009 – III ZR 229/07, a.a.O.; siehe bereits zum früheren Recht BVerfGE 34, 118 = SozR Nr. 95 zu Art. 3 GG = VersR 1973, 269. Siehe auch BVerfG 1. Senat 2. Kammer, Beschl. v. 8.2.1995 – 1 BvR 753/94, BVerfG SozR 3–2200 § 636 Nr. 1 m.w.N. = NJW 1995, 1607.
[54] So BVerfG SozR 3–2200, a.a.O.

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