Rz. 100

Die Pfändung von Arbeitseinkommen bietet sich in vielen Fällen geradezu an, denn ein hoher Prozentsatz der Vollstreckungsschuldner bezieht Arbeitseinkommen. Da jedoch das Arbeitseinkommen der Existenz der meisten Schuldner und ggf. deren Familien dient, hat der Gesetzgeber die Pfändung des Arbeitseinkommens zwar prinzipiell zugelassen, aber durch zahlreiche Pfändungsschutzbestimmungen dafür gesorgt, dass der Arbeitnehmer nicht zum Sozialfall wird.

 

Rz. 101

Unter Arbeitseinkommen versteht der Gesetzgeber in § 850 Abs. 2 ZPO die Bezüge für die Dienstleistungen aller Art, so z.B.:

Löhne und Gehälter von Arbeiter und Angestellten aus unselbstständiger Arbeit,
Ruhegelder und ähnliche nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gewährte fortlaufende Bezüge,
Dienstbezüge der Beamten,
Versorgungsbezüge der Beamten,
Witwen- und Waisenrenten.
 

Rz. 102

Grundsätzlich sind unter Arbeitseinkommen nur Geldleistungen zu verstehen. Die manchmal vom Arbeitgeber gewährten Naturalleistungen wie Unterkunft, vergünstigter Wareneinkauf etc., werden lediglich bei der Berechnung der Pfändungsfreigrenzen berücksichtigt. Wertbemessungen für diese Naturalleistungen finden sich in der im BGBl veröffentlichten Sozialversicherungsentgeltverordnung.

 

Rz. 103

Nach § 850 Abs. 3 ZPO gehören zum Arbeitseinkommen auch

Ausgleichsbezüge für Wettbewerbsbeschränkungen
Renten.
 

Rz. 104

Kein Arbeitseinkommen sind

die dem Kellner freiwillig vom Gast zugewendeten Trinkgelder,
Arbeitnehmersparzulagen,
Ansprüche aus dem Lohnsteuerjahresausgleich.
 

Rz. 105

Das Arbeitseinkommen wird durch Beschluss gepfändet. Dabei muss im Pfändungsbeschluss die Art des Arbeitseinkommens nicht angegeben werden. Der Pfändungsbeschluss gemäß § 832 ZPO erstreckt sich nicht nur auf das zum Zeitpunkt der Zustellung fällig werdende Arbeitseinkommen, sondern auch auf später fällig werdende Beträge. Dies muss im Beschluss nicht ausdrücklich angeordnet sein. Auf Antrag des Gläubigers kann allerdings die Pfändung auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt werden. Wenn der Schuldner seinen Arbeitgeber wechselt, kann der Beschluss nicht umgeschrieben werden. Es muss vielmehr ein neuer Antrag gestellt werden.

 

Rz. 106

Wird allerdings das Arbeitsverhältnis lediglich bis zu 9 Monate unterbrochen und dann wieder fortgesetzt, greift die Pfändung immer noch, § 833 Abs. 2 ZPO. Diese Regelung dient den Interessen des Gläubigers, da nicht wenige Schuldner auf die Idee kommen, sich mit ihrem Arbeitgeber dahingehend zu einigen, dass sie für drei bis vier Monate ausscheiden und dann wiedereingestellt werden.

 

Rz. 107

§§ 850a ff. ZPO sehen Pfändungsbeschränkungen vor. Hiernach sind Bezüge oder Teile davon

unpfändbar gemäß § 850a ZPO,
bedingt pfändbar gemäß § 850b ZPO,
begrenzt pfändbar gemäß 850c ZPO.
 

Rz. 108

Es soll damit verhindert werden, dass der Schuldner zum Sozialhilfeempfänger wird oder aber jede Motivation zur Arbeitsleistung verliert, wenn ihm von seinem Arbeitseinkommen nichts mehr übrig bleibt.

 

Rz. 109

Das Arbeitseinkommen wird im PfÜB-Formular unter Anspruch A geführt:

 

Rz. 110

Bild-Quelle: Amtlicher PfÜB-Antrag, download von: justiz-nrw.de

 

Rz. 111

Aus sozialen Gründen bestehen bei der Lohnpfändung Pfändungsfreigrenzen. Seit dem 1.7.2019 beträgt der monatlich unpfändbare Grundbetrag 1.179,99 EUR. Dieser Betrag erhöht sich, wenn gesetzliche Unterhaltspflichten vom Schuldner zu erfüllen sind, um monatlich 443,57 EUR für die erste und um monatlich jeweils weitere 247,12 EUR für die zweite bis fünfte Person.

 

Rz. 112

Das diese Beträge übersteigende Arbeitseinkommen ist zum Teil unpfändbar, wie sich detailliert aus § 850c Abs. 2 ZPO ergibt. Die unpfändbaren Beträge können sich jeweils zum 1.7. eines jeden zweiten Jahres, d.h. zum 1.7.2021 erneut ändern. Die maßgebenden Beträge werden im Bundesgesetzblatt im Rahmen der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung veröffentlicht. Der Gesetzgeber plant, eine jährliche Anpassung der Pfändungsfreigrenzen vorzunehmen; verabschiedet ist dieser Gesetzentwurf zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Werks aber noch nicht.

 

Rz. 113

Bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens ist auf den Nettolohn abzustellen. Dies bedeutet, dass zunächst vom Bruttolohn ausgegangen wird. Abzuziehen sind die unpfändbaren Beträge nach § 850a als Nettobeträge; sodann die Lohnsteuer, die Kirchensteuer, der Solidaritätszuschlag, Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, zur gesetzlichen Rentenversicherung, zur Pflegeversicherung, zur Arbeitslosenversicherung und zur Weiterversicherung (vgl. dazu § 850e Nr. 1 ZPO). Der sich dann ergebende Nettolohn ist Grundlage für die Berechnung des pfändbaren Einkommens.

 

Rz. 114

Auf Seite 6 des PfÜB-Formulars finden sich Hinweise an den Drittschuldner zum pfändbaren Einkommen; der Gläubiger muss hier keine Angaben machen und auch nichts ausfüllen:

 

Rz. 115

Bild-Quelle: Amtlicher PfÜB-Antrag, download von: justiz-nrw.de

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