I. Die Thematik

 

Rz. 1

Für die Rechtsschutzversicherung, die Leistungen, und zwar Geldzahlungen, erbracht hat, können sich aus verschiedensten Tatbeständen Rückforderungsansprüche ergeben. Zu denken ist hierbei an den Tatbestand nachträglich festgestellter Leistungsfreiheit oder überhöhter Vorschusszahlungen sowie Überschüsse, etwa bei den Gerichtskosten oder eine Rückforderung aufgrund der Zahlungsverpflichtung und Zahlung seitens des Gegners.[1]

 

Rz. 2

Die Thematik der Rückforderung gegenüber Rechtsanwälten hat erheblich und bedenklich zugenommen. Dies beruht zum Teil auf Defiziten in der organisatorischen, finanziellen Abwicklung von Mandaten und der Korrespondenz mit Rechtsschutz, zum anderen aber auch - leider - in sich verstärkendem Maße darauf, dass Rechtsanwälte überzahlte Vorschüsse oder Überschüsse nur verzögert oder nach gerichtlicher Geltendmachung, teilweise erst im Wege der Vollstreckung zurückzahlen. Leider kommen auch Fälle vor, in denen eine Rückerstattung an die Rechtsschutzversicherung nicht erfolgt aufgrund mangelnder Liquidität oder sogar nachfolgender Insolvenz.

 

Rz. 3

Nachfolgend wird die spezielle Thematik dargestellt einschließlich einer Übersicht zu den wichtigsten Tatbeständen zum Auskunfts- und Rückforderungsanspruch der Rechtsschutzversicherung gegenüber dem Versicherungsnehmer und dem Anwalt (siehe Rn 4 ff.). Unter Buchst. B (siehe Rn 12 ff.) ist die Rechtsgrundlage des Auskunftsanspruches und der Rückforderung behandelt. Die Thematik der Obliegenheitsverletzung bei Nichterfüllung des Auskunftsanspruchs ist unten unter Buchst. C behandelt (siehe Rn 40). Die Problematik der Aufrechnung wird behandelt unter Buchst. D (siehe Rn 41) und der Rückforderungsanspruch und mögliche Verjährung unter Buchst. E (siehe Rn 42 f.) sowie schließlich die Möglichkeit der Umschreibung eines Kostenfestsetzungsbeschlusses bei Buchst. F (siehe Rn 44 f.).

[1] Harbauer/Maier, ARB 2000, § 3 Rn 224 sowie Harbauer/Bauer, ARB 2000, § 17 Rn 155 ff.; vgl. auch Scharder, Erstattungs-, Herausgabe- und Auskunftsanspruch des Rechtsschutzversicherers gegen den Rechtsanwalt, PVR 2003, 242; vgl. auch Schulz, Der Auskunfts- und Abrechnungsanspruch des Rechtsschutzversicherer gegenüber dem Rechtsanwalt, zfs 2010, 246, Kritik aber nicht überzeugend; im Übrigen orientieren die im Jahre 2010 erschienen Ausführungen sich noch an § 67 VVG a.F.

II. Übersicht zu den wichtigsten Tatbeständen des Anspruches auf Auskunft und Rückzahlung gegen Versicherungsnehmer und Rechtsanwalt

1. Rechtsverfolgung gegen Versicherungsnehmer

a) Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 ff. BGB)

 

Rz. 4

 
1 Erstattungsanspruch Gegenseite

Die Rechtsschutzversicherung hat zunächst die Verfahrenskosten gezahlt. Im Verfahren wurde jedoch der Gegner zur Zahlung der Kosten verurteilt.

Die Gegenseite hat die Kosten ausgeglichen, der Versicherungsnehmer hat diese jedoch nicht an den Mandanten zurückerstattet.
2 Überzahlung Die Rechtsschutzversicherung hat aus verschiedenen Gründen mehr als die gesetzlichen Gebühren an Mandant bzw. dessen Rechtsanwalt gezahlt.
3 Garantierte Zahlung gegenüber Anwalt; Nichtbestehen oder Fortfall des Versicherungsschutzes[2] Zahlungsgarantie, etwa auf Grundlage einer Kooperationsvereinbarung, z.B. bei Anwaltswechsel.
4 Rückforderung Überschuss Gerichtskosten Die Rechtsschutzversicherung hat Gerichtskosten gezahlt. Es ergibt sich jedoch ein Überschuss, der von der Gerichtskasse erstattet wurde.
5 Aufrechnung der Gegenseite Kosten hat Gegenseite zu tragen. Diese hat Aufrechnung erklärt mit der Hauptforderung, sodass sich die Zahlungsverpflichtung gegenüber Prozessgegner reduziert.
[2] Teilweise garantieren Rechtsschutzversicherer auf der Grundlage einer Servicecard die Zahlung von Anwaltsgebühren. In Betracht kommt Rückforderungsanspruch bei nicht gültiger Servicecard.

b) Zahlungsverpflichtung aus Anerkenntnis

 

Rz. 5

 
1 Anerkenntnis Gegner hat Forderung der Rechtsschutzversicherung anerkannt.

c) Forderungen aufgrund versicherungsvertraglicher Rechte

aa) Obliegenheitsverletzung

 

Rz. 6

 
1 Missverhältnis § 5 Abs. 3b ARB 2010 Es wurde ein Vergleich geschlossen, bei dem die Kostenentscheidung nicht der Obsiegensquote in der Hauptsache entsprach. Die Rechtsschutzversicherung fordert die Kosten zurück, die nach der Obsiegensquote in der Hauptsache von der Gegenseite zu tragen wären.

bb) Ausschlusstatbestand

 

Rz. 7

 
1 Vorsatzdelikt Die Rechtsschutzversicherung übernimmt in unklaren Fällen (z.B. Unfallflucht) zunächst die Kosten. Wenn im Laufe des Verfahrens Vorsatz nachgewiesen wird, sind diese zurückzuerstatten.

2. Rechtsverfolgung gegen Anwalt

a) Ansprüche aus § 812 BGB

 

Rz. 8

 
1 Fehlzahlung Durch Kanzleiauflösungen o.Ä. sind die Bankverbindungen der Anwälte, die die Rechtsschutzversicherung in der EDV eingespeichert hat, nicht immer korrekt. Teilweise erhalten also Rechtsanwälte eine Zahlung von der Rechtsschutzversicherung, denen die Leistung nicht zusteht.
2 Mehrkosten Anwaltswechsel Die Rechtsschutzversicherung ist nur zu Zahlung der Kosten eines Anwaltes verpflichtet. Die Mehrkosten eines zweiten Anwaltes werden nicht erstattet; bereits geleistete Zahlungen werden zurückgefordert.
3 Mehrkosten ortsferner Anwalt Die Mehrkosten, die für die Beauftragung eines ortsfernen Anwaltes entstehen, sind nicht von der Rechtsschutzversicherung zu tragen. Bereits geleistete Zahlungen werden zurückgefordert.

b) Anwaltliche Pflichtverletzung

 

Rz. 9

 
1 Anwaltliche Pflichtverletzung Der Anwalt leitet einen zu Lasten des Versicherungsnehmers ergang...

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