Rz. 36

In sozialrechtlichen Angelegenheiten gem. § 183 SGG wird nicht nach dem Gegenstandswert abgerechnet, sondern es sind Betragsrahmengebühren gem. §§ 3 Abs. 1, 14 RVG anzusetzen. Der Rechtsanwalt bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG die Rahmengebühr im Einzelfall nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers. Auch kann ein Haftungsrisiko des Anwalts nach § 14 Abs. 1 S. 2 RVG bei der Bemessung herangezogen werden.[77]

Ein Anspruch auf Kostenerstattung im Widerspruchsverfahren besteht gem. § 63 SGB X regelmäßig nur, wenn der Widerspruch erfolgreich und die Inanspruchnahme eines Anwalts notwendig war. Eine im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren (z.B. Antragsverfahren) entstandene Geschäftsgebühr kann nicht nach § 63 SGB X erstattet werden.[78]

Für die anwaltliche Vertretung im Widerspruchsverfahren[79] kann neben einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 RVG-VV eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1002 i.V.m. 1005 RVG-VV entstehen. Eine Terminsgebühr entsteht nicht. Zusätzlich sind Auslagen nach Nrn. 7000 ff. RVG-VV und Umsatzsteuer nach Nr. 7008 RVG-VV in Rechnung zu stellen. Die Geschäftsgebühr beträgt im außergerichtlichen Verfahren nach Nr. 2302 RVG-VV 60 EUR bis 768 EUR; die Mittelgebühr beträgt 414 EUR. Der Rechtsanwalt kann jedoch eine Gebühr in Höhe von mehr als 359 EUR nur fordern, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (so genannte Schwellengebühr, Anm. S. 2 zu Nr. 2302 RVG-VV). War der Rechtsanwalt im Verwaltungsverfahren bereits tätig, so wird die Hälfte der für das Verwaltungsverfahren gezahlten Gebühr, aber nicht mehr als 207 EUR auf die Geschäftsgebühr für das Widerspruchsverfahren angerechnet (Vorbem. 2.3 Abs. 4 RVG-VV). Eine Erledigungsgebühr entsteht nicht bereits durch die bloße Einlegung und Begründung des Widerspruchs oder durch die bloße Rücknahme eines eingelegten Rechtsbehelfs.[80] Nach Auffassung des BSG ist vielmehr eine "qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung" erforderlich. Die Vorlage von Beweismitteln, die letztlich zur Erledigung der Angelegenheit führen, kann die Erledigungsgebühr auslösen.[81] Nach Nr. 1005 RVG-VV entsteht die Einigungs- oder Erledigungsgebühr in Höhe der Geschäftsgebühr.

[77] Eine Überschreitung um bis zu 20 % wird dabei in der Regel als nicht unbillig angesehen: vgl. BSG AGS 2010, 233.
[78] Vgl. LSG Hessen v. 19.3.2008 – L 4 SB 51/07, jurisPR-SozR 13/2008 m. Anm. Sonnhof.
[79] Grundlegend zu Kosten im Widerspruchsverfahren: BSG v. 1.7.2009 – B 4 AS 21/09 R, ASR 2010, 49; Anm. Schafhausen: jurisPR-SozR 10/2010.

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