1. Allgemeines

 

Rz. 144

Früher konnte selbst eine Ordnungswidrigkeit nur mittels einer (kostenaufwändigen) Blutprobe nachgewiesen werden. Um speziell für den OWi-Bereich eine dichtere, weil kostengünstigere Kontrolldichte zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber mit der Einführung eines Atemalkoholgrenzwertes die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass eine Alkoholordnungswidrigkeit alleine schon mit einem Atemalkoholtest nachgewiesen werden kann.

 

Rz. 145

Ausgehend von dem bereits erwähnten Gutachten von Schoknecht[15] hat er in § 24a Abs. 1 StVG neben dem Blutalkoholwert von 0,5 ‰ den diesem entsprechenden Atemalkoholwert von 0,25 mg/l festgeschrieben.

 

Rz. 146

Den jeweils korrespondierenden Blutalkoholwert errechnet man, indem man den festgestellten Atemalkoholwert mit 2 multipliziert; 0,25 mg/l Atemalkoholwert entsprechen demnach 0,5 ‰ und 0, 55 mg/l entsprechen 1,1 ‰.

 

Rz. 147

Zwar soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers die Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG nur noch mittels einer Atemalkoholuntersuchung nachgewiesen werden. Da der Betroffene zur Durchführung eines Atemalkoholtestes jedoch nicht verpflichtet ist, muss aber, wenn er die Durchführung einer Atemalkoholprobe verweigert, auf die Blutprobe zurückgegriffen werden.

Andererseits darf, da die Blutprobe als Eingriff in die körperliche Unversehrtheit nur so lange zulässig ist, wie die Beweisführung nicht mit weniger einschneidenden Mitteln möglich ist, einem zur Durchführung eines gerichtsverwertbaren Alkoholtests bereiten Betroffenen, der (z.B. aufgrund des Ergebnisses eines Vortestes) lediglich einer OWi verdächtigt wird, keine Blutprobe entnommen werden.

[15] Zu den Einzelheiten siehe Schoknecht, Gutachten des Bundesgesundheitsamtes vom April 1991 zur Prüfung der Beweissicherheit der Atemalkoholanalyse (Unfall- und Sicherheitsforschung Straßenverkehr, Heft 86).

2. Atemalkoholgerät

 

Rz. 148

Es gibt derzeit nur ein Gerät auf dem Markt, das gerichtsverwertbare Messungen liefert, nämlich den Alkomaten "Evidential MK III, 7101" der Fa. Draeger. Um die forensische Verwertbarkeit der mit diesem Gerät erzielten Ergebnisse gab es bis zur Entscheidung des BGH (DAR 2001, 275) noch verbissen geführten Streit (BayObLG NZV 2000, 295; OLG Hamm zfs 2000, 459).[16]

Nach der Entscheidung des BGH ist die mit dem Alkomaten durchgeführte Messung als standardisiertes Messverfahren anzusehen mit der Folge, dass es ohne jeden Sicherheitsabzug der richterlichen Entscheidung zugrunde zu legen ist.

 

Rz. 149

Irritationen sind dadurch entstanden, dass infolge eines Softwarefehlers der Atemalkoholwert unter unzulässiger (OLG Hamm NZV 2000, 340; OLG Köln DAR 2001, 179) – was nicht nur für die Bestimmung des maßgeblichen Mittelwertes, sondern auch für die zugrunde liegenden Einzelwerte gilt (OLG Hamm DAR 2006, 339) – Berücksichtigung der 3. Dezimalstelle hochgerechnet wurde. Diese, die Zuverlässigkeit des Messverfahrens an sich nicht berührenden, Fehler sind zwischenzeitlich behoben.

 

Rz. 150

Das BVerfG (zfs 2002, 95) hat die gegen die Messung gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, so dass das Atemalkoholergebnis im OWi-Verfahren grundsätzlich gerichtsverwertbar ist.

0,25 mg/l Atemalkoholkonzentration entsprechen einem Blutalkoholwert von 0,5 ‰, 0,55 mg/l einem solchen von 1,1 ‰. Mit dem Atemalkoholmessergebnis alleine kann jedoch eine absolute Fahruntauglichkeit nicht nachgewiesen werden (BGH DAR 2001, 275).

 

Achtung: Rückrechnung nicht zulässig

Anders als beim Blutalkoholwert kann die Atemalkoholkonzentration nicht auf den Tatzeitpunkt zurückgerechnet werden (OLG Düsseldorf DAR 2016, 395).

Umstritten ist allerdings immer noch, ob bei der Berechnung des Atemalkoholwertes die 3. Dezimalstelle nicht wenigstens bei der Bildung der Mittelwerte zu berücksichtigen ist (so OLG Bamberg zfs 2012, 529; verneint von OLG Köln DAR 2001, 179; OLG Hamm DAR 2006, 339).

 

Achtung: Gegenbeweis mittels Blutprobe?

Hat bereits die Atemalkoholprobe eine über dem tatbestandlichen Gefahrengrenzwert liegende Alkoholisierung ergeben, kann die Messung grundsätzlich nicht mehr durch das evtl. günstigere Ergebnis einer nachfolgenden Blutalkoholbestimmung infrage gestellt werden (OLG Zweibrücken DAR 2002, 279). Der Betroffene hat deshalb nach Durchführung der Atemalkoholprobe auch keinen Anspruch mehr auf Durchführung einer amtlichen Blutalkoholbestimmung.

 

Fehlerquelle Hypoventilation oder Hustenlöser

Die Oberlandesgerichte Bamberg (NZV 2006, 490) und Zweibrücken (zfs 2019, 290) schließen namentlich im Grenzbereich von 0,25 mg/l eine entscheidungserhebliche Beeinflussung auch dann nicht aus, wenn eine Fehlermeldung nicht ausgeworfen worden war.

 

Achtung: Belehrung über Freiwilligkeit

Grundsätzlich muss der Betroffene darüber belehrt werden, dass er zur Mitwirkung nicht verpflichtet ist und diese auch nicht erzwungen werden kann. Streitig ist allerdings, ob eine unterbliebene Belehrung zu einem Beweisverwertungsverbot führt (so z.B. LG Freiburg NZV 2009, 614; AG Frankfurt NZV 2010, 66)[17] während die Oberlandesgerichte Brandenburg (NSt...

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